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Geburtsstation schließt

Ab April gibt es in Sebnitz keine Entbindungen mehr. Schwangere müssen künftig bis nach Bischofswerda oder Pirna.

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© Archivfoto: Steffen Unger

Von Dirk Schulze

Geburtsort: Sebnitz. Auf neu ausgestellten Geburtsurkunden wird diese Angabe künftig nicht mehr zu finden sein. Schon ab Mitte der kommenden Woche können im Sebnitzer Krankenhaus keine Babys mehr zur Welt kommen. Die Entbindungsstation der Sächsische-Schweiz-Klinik wird zum 31. März geschlossen. Das gab die Klinikleitung gestern bekannt.

Der Grund für diese Maßnahme ist das Fehlen von Hebammen. Bislang haben in der Sebnitzer Klinik fünf Hebammen gearbeitet, zwei von ihnen fest angestellt und drei als selbstständige Beleghebammen. Die drei Beleghebammen haben ihre Verträge mit der Asklepios-Klinik im Dezember 2014 gekündigt, sie laufen Ende März aus. Seitdem suchte die Klinik nach Ersatz, jedoch ohne Erfolg.

Die Entscheidung, die Geburtshilfeabteilung zu schließen, fiel in einer Gesellschafterversammlung am vergangenen Freitag. „Es ist uns nicht leichtgefallen“, sagt Klinikgeschäftsführer Mike Schuffenhauer. Die Klinik habe alles in ihrer Kraft stehende unternommen, um die ab April fehlenden Hebammen zu ersetzen. Doch trotz einer überregionalen Stellenausschreibung sei es nicht gelungen, qualifiziertes Fachpersonal zu finden. Tatsächlich habe es nur zwei Bewerbungen gegeben, die letztlich aber beide nicht den Anforderungen entsprachen. Auch Kooperationsanfragen an umliegende Kliniken und Hebammenpraxen sowie Hilfsgesuche an Berufsverbände blieben ohne Erfolg.

Die Ursache dafür sieht die Klinikleitung vor allem im demografischen Wandel. Die Geburtenzahlen in der Region sind seit Jahren rückläufig. In der Sebnitzer Klinik hat sich die Anzahl der Entbindungen in den vergangenen zehn Jahren beinahe halbiert. Während im Jahr 2004 noch 434 Mütter in Sebnitz ihre Kinder zur Welt brachten, waren es 2014 nur noch 220. Junge Mediziner und Fachkräfte könnten dadurch nicht ausreichend Praxiserfahrung sammeln und orientierten sich zu größeren Geburtsstationen. Fachgesellschaften plädieren für rund 500 Geburten pro Jahr, damit ein Team ausreichend Routine bei eventuell auftretenden Problemfällen hat.

Für werdende Eltern bedeutet die Schließung der Sebnitzer Geburtsstation, dass sie sich eine andere Klinik für die Entbindung suchen müssen. Ab dem 1. April können in Sebnitz weder reguläre Geburten noch Kaiserschnittentbindungen stattfinden. Die nächstgelegenen Möglichkeiten sind die Klinik in Bischofswerda und das Klinikum Pirna. Vom Sebnitzer Zentrum aus gerechnet bedeutet das eine Anfahrt von rund 25 beziehungsweise knapp 40 Minuten. Weitere Geburtshilfestationen gibt es in den Krankenhäusern in Bautzen und in Ebersbach. Die Kliniken wurden bereits schriftlich über die Situation informiert. Außerdem hat die Sebnitzer Klinik am Wochenende eine entsprechende Elterninformation mit Adressen und Ansprechpartnern an die gynäkologischen Praxen in der Region verschickt. Auch bei akuten Schwangerschafts-Notfällen kann Sebnitz in Zukunft nicht mehr angefahren werden. Rettungsdienst und Notärzte müssen dann ebenfalls nach Bischofswerda oder Pirna ausweichen.

Die Belegschaft der Sebnitzer Geburtshilfe wurde gestern früh von der Geschäftsführung über die Entscheidung informiert. Derzeit sind dort insgesamt sieben Ärzte, 19 Krankenschwestern – davon sechs Kinderkrankenschwestern – und zwei fest angestellte Hebammen beschäftigt. Entlassungen soll es keine geben. „Wir wollen den Mitarbeitern Perspektiven hier in der Klinik anbieten“, erklärt Geschäftsführer Mike Schuffenhauer. Dazu sollen in den kommenden Tagen Einzelgespräche mit den betroffenen Mitarbeitern stattfinden.

Die Klinik will den Bereich Gynäkologie jetzt neu ausrichten. Der medizinische Schwerpunkt soll künftig auf dem Brustzentrum Ostsachsen liegen, in dem Brustkrebserkrankungen behandelt werden. Zudem will sich die Sebnitzer Klinik auf den Fachbereich Urogynäkologie, plastische Chirurgie sowie ambulante gynäkologische Operationen spezialisieren. Die Neuorganisation der Abteilung soll in rund einem Jahr abgeschlossen sein. Die Mitarbeiter der Geburtshilfe könnten dort unterkommen, heißt es.

Die drei bisher freiberuflich in der Klinik tätigen Beleghebammen wollen eine eigene Praxis eröffnen. Sie werden weiterhin Geburtsvorbereitungskurse und Nachsorge anbieten – allerdings keine Entbindungen mehr. Der Grund sind die seit Jahren steigenden Haftpflichtprämien, die selbstständige Hebammen für Entbindungen bezahlen müssen.