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Füchse bringen Bandwurm in Städte

Die Anzahl der Wildtiere, die in Sachsens Städte kommen, steigt immens. Doch das allein ist nicht das größte Problem.

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© dpa

Von Renate Färber

Jeden Abend begegnet Markus im Wohngebiet „seinem“ Fuchs. Das Tier schaut vertrauensselig drein und trottet ohne Eile weiter. Keine ungewöhnliche Begegnung. Denn in der Nähe des Menschen scheint sich Reineke Fuchs immer mehr wohlzufühlen. Und Jan-Walter Heikes, Geschäftsführer des Landesjagdverbandes Sachsen, bestätigt, was viele ahnten: Es gibt in diesem Jahr mehr Füchse als üblich. „Durch die milde Witterung sind die Reproduktionsraten hoch. In solch guten Jahren bringen die Weibchen an die fünf, sechs Junge zur Welt.“

Sobald mehr Füchse die Städte belagern, kommt auch er in die Diskussion: der Fuchsbandwurm. Denn der Winzling, drei Millimeter groß, kann Auslöser einer lebensbedrohlichen Wurmerkrankung beim Menschen sein, der alveolären Echinokokkose. Wurde sie früher eher bei Menschen diagnostiziert, die in der Natur arbeiten, wie Landwirten und Jägern, sind jetzt auch Städter betroffen. Tendenz steigend, so Experten. Der Grund? Der Fuchs hinterlässt seinen Kot, in dem sich Bandwurmeier befinden können, etwa in Grünanlagen, auf Gemüsebeeten oder Spielplätzen. Da die Zahl der Stadtfüchse wächst, wird dies immer mehr zum Problem. Nimmt der Mensch die Eier auf – etwa durch unzureichend gewaschene Nahrung – wandern diese vermutlich über den Zwölffingerdarm in die Leber. Ob jemand erkrankt, ist wohl auch genetisch bedingt, heißt es aus der Uniklinik Ulm. Dort behandelt ein interdisziplinäres Expertenteam aus Internisten, Chirurgen, Radiologen, Nuklearmedizinern, Mikrobiologen und Pathologen mit 400 Patienten deutschlandweit die meisten Fälle von Fuchsbandwurm-Erkrankungen. Das kommt nicht von ungefähr. Denn laut Uni liegt das „Epizentrum“ des Fuchsbandwurmes in und um Ulm herum. Rund 70 Prozent der dort lebenden Füchse würden den Erreger in sich tragen.

Die Fuchsbandwurm-Erkrankung, potenziell tödlich, breitet sich schleichend aus. Unbehandelt wird die Leber zerstört, selten sind auch Lunge und Gehirn betroffen. Oft wird die Diagnose erst nach Jahren gestellt. Krankheitszeichen: Oberbauchschmerzen, Gelbsucht, Gewichtsverlust, eine Vergrößerung der Leber. Allerdings sind Fuchsbandwurm-Erkrankungen hierzulande bislang relativ selten. Dem Robert-Koch-Institut wurden im vergangenen Jahr bis August 96 Fälle gemeldet.

In Sachsens Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen wurden seit 2013 rund 500 Untersuchungen bei Füchsen durchgeführt – auf Tollwut, Bandwurm, Trichinen und Staupe. Die Tollwut spielt keine Rolle mehr. Deutschland gilt seit 2008 als tollwutfrei. Beim Bandwurm wurden 2013 kein, 2014 ein und 2015 vier positive Ergebnisse angezeigt. Seit 2002 gibt es in Sachsen allerdings kein flächendeckendes Monitoring der Füchse auf den Fuchsbandwurm mehr. „Damals wurde eingeschätzt, dass der Fuchsbandwurm flächendeckend verbreitet ist und mit einer durchschnittlichen Häufigkeit von vier bis fünf Prozent vorkommt“, so das Gesundheitsministerium.

Die Verringerung der Fuchs-Population ist die wirksamste Methode, den Bandwurm zu bekämpfen. Doch in der Stadt darf das Tier nicht gejagt werden. „Es sollte daher nicht noch angelockt werden“, sagt Jäger Heikes. Fakt sei, dass das Nahrungsangebot in der Stadt besser als im Wald sei – weggeworfenes Essen, Abfallkübel. „Auf keinen Fall sollten Füchse gefüttert werden.“ Wobei das manch einer unbewusst tut. Denn auch Fressschälchen für Katze und Igel locken sie an. (fp)