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Friedensrichter tritt zurück

Nach Pegida-Reden und einer früheren Mitgliedschaft in einer rechten Organisation sollte Lothar Hoffmann seines Amtes in Neustadt enthoben werden. Nun geht er selbst diesen Schritt – und wird erneut politisch aktiv.

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© Daniel Förster

Von Nancy Riegel

Neustadt. Er war dann zur Stelle, wenn sich Nachbarn wegen schief wachsender Bäume in die Haare bekamen. Oder wenn die Hausordnung nur halbherzig gemacht wurde. Als Friedensrichter in Neustadt versuchte Lothar Hoffmann, Streitigkeiten unter Bürgern zu schlichten – bevor diese vor Gericht ziehen. Doch dann geriet der 66-Jährige selbst in den Fokus der Justiz.

Wegen Reden auf Pegida-Demonstrationen und seiner früheren Mitgliedschaft im rechtsextremistischen „Demokratischen Aufbruch Sächsische Schweiz“ (DASS) leitete das Amtsgericht Pirna im Sommer 2016 ein Amtsenthebungsverfahren gegen Hoffmann ein. Das Landgericht Dresden lehnte den Antrag ab, der Rentner blieb ehrenamtlicher Streitschlichter. Bis jetzt. Zum 31. Januar legte Lothar Hoffmann sein Amt als Friedensrichter nieder.

Er wolle sich verstärkt politisch engagieren, und zwar für die AfD, kündigt er gegenüber der SZ an. „Ich möchte mithelfen, die Partei im Altkreis Sebnitz aufzubauen.“ Dieser zieht sich von Sebnitz über Neustadt nach Stolpen, Hohnstein, Dürrröhrsdorf-Dittersbach und Lohmen. Geplant sei, eine Ortsgruppe zu gründen, auch ein Bürgerbüro in Neustadt ist im Gespräch. Näheres wollen die Beteiligten in den kommenden Tagen ausarbeiten, sagt Lothar Hoffmann.

Zwar würde dieses Engagement rechtlich nicht gegen das Ehrenamt als Friedensrichter sprechen. Aber: „Ich vermute, dass ich damit erneut zur Zielscheibe werden könnte und eventuell ein neues Amtsenthebungsverfahren drohen könnte.“ Um dem vorzugreifen, habe er das Amt nun selbst niedergelegt. Das Amtsgericht in Pirna hat den Rücktritt bereits genehmigt.

Er habe gerne als Streitschlichter in Neustadt gewirkt, sagt er. Rund 20 Fälle landeten jährlich auf seinem Tisch. „Ich habe immer versucht, mir die Probleme direkt vor Ort anzuschauen und nicht nur vom Büro aus“, blickt Hoffmann zurück. Diese Einschätzung untermauert Neustadts Bürgermeister Peter Mühle (NfN), der von Hoffmann persönlich über dessen Rücktritt informiert wurde. „Ich habe immer hinter ihm gestanden.“ Er habe eine ordentliche Arbeit geleistet. Seine politische Gesinnung, so Mühle, habe dabei keine Rolle gespielt, soweit er das beurteilen könne. Die Verhandlungen des Friedensrichters unterliegen dem Datenschutz. „Ich habe jedenfalls nie ein schlechtes Wort gehört“, sagt Mühle weiter.

Die Stadt sucht nun nach einem neuen Friedensrichter. Hoffmann wäre eigentlich noch bis zum Jahr 2019 in dieser Funktion tätig gewesen. Er wurde im Jahr 2014 vom Stadtrat zum Streitschlichter berufen, nachdem er sich als einziger auf die monatelang unbesetzte Stelle beworben hatte.

Umstrittene Pegida-Rede

Dann kamen die Pegida-Demonstrationen vor zwei Jahren, bei denen der Neustädter von Pegida-Chef Lutz Bachmann mit den Worten „unser Lothar“ auf die Bühne geholt wurde und unter anderem gegen „hormongesteuerte Ausländer“ und die „geistigen Brandstifter in der Bundesregierung“ herzog. Damals gehörte er dem Organisationsteam des DASS an, einer Bewegung, deren Facebook-Seite von Sachsens Verfassungsschutz der rechtsextremistischen Szene zugeordnet wurde. Im Juni 2016 trat er zwar aus dem Bündnis aus, trotzdem folgte kurz darauf das Amtsenthebungsverfahren. Das Amtsgericht Pirna sah Hoffmanns Äußerungen bei Pegida als nicht vereinbar mit dem Amt als Friedensrichter an. Im sächsischen Schiedsstellengesetz heißt es: „Der zu wählende Friedensrichter muss nach seiner Persönlichkeit … für das Amt geeignet sein.“ Und dass nicht zum Friedensrichter ernannt werden soll, „wer gegen Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat.“

Im September 2017 entschied das Landgericht Dresden: Lothar Hoffmann darf Friedensrichter in Neustadt bleiben. Er habe weder seine Pflichten gröblich verletzt, noch sich seines Amtes als unwürdig erwiesen, hieß es von einem Sprecher. Die fraglichen Äußerungen seien vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Mit seinem Engagement für die AfD fürchtet Hoffmann eine erneute Debatte um seine Person. Die wolle er mit seinem Rücktritt vom Friedensrichter-Amt vermeiden, sagt er.