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Friedensburg-Besitzer macht Druck

Ein Schreiben seiner Anwältin soll an die Radebeuler Stadträte verteilt werden. OB Bert Wendsche rät, im Ton runterzukommen.

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© Abbildung aus dem Stadtarchiv Radebeul

Von Peter Redlich

Oliver Kreider, Besitzer der Radebeuler Friedensburg, hat beim letzten Telefonat beinahe gejubelt ob des jüngsten Gerichtsurteils. Ob zu früh oder nicht, wird sich noch herausstellen.

Fakt ist, die Richter am Oberverwaltungsgericht in Bautzen haben den Bebauungsplan der Stadt Radebeul für das Areal der Friedensburg für ungültig erklärt. Anlass für dieses Urteil ist offensichtlich ein Formfehler. Es gab Änderungen an dem Plan zu Stellplätzen, die die Polizeibehörde gefordert hatte. Und diese Änderung hätte mit dem Bebauungsplan erneut ausgelegt werden müssen.

Zum Hintergrund: Der Friedensburgbesitzer klagt gegen den Bebauungsplan, weil ihm dieser vorschreibt, in dem Anwesen eine Gaststätte zu betreiben. Er selbst will darin aber Luxuswohnungen einrichten. Zwischen beiden Varianten macht der Wertunterschied für die Immobilie mindestens zwei Millionen Euro aus.

Eigentlich sollten die Richter darüber befinden, ob in der Friedensburg eine Gaststätte wirklich wirtschaftlich betrieben werden kann. Gutachten vom Gericht und von der Stadt kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Einmal, vom Gerichtsgutachter, dass es nicht wirtschaftlich sei. Das andere Mal, seitens der Stadt, dass es durchaus wirtschaftlich betrieben werden könne. Der Unterschied entsteht durch die Anzahl der Plätze. Die Stadt vergleicht die mögliche Friedensburg-Gastronomie mit der im Spitzhaus. Allerdings ist bei beiden die Parkplatzsituation noch ungelöst.

Kurios ist an den unterschiedlichen Einschätzungen, dass beide Gutachterseiten offenbar Fakten zugrunde legen, die von der BBE Handelsberatung GmbH stammen. Darin geht es um Umsatzerwartung und -entwicklung. Die sachverständige Silvia Horn von der BBE Handelsberatung GmbH kommt jedenfalls zu der Einschätzung, dass das Potenzial für die Friedensburg wesentlich höher liege als bei 75 Plätzen, wovon der Gerichtsgutachter ausgeht. Hier biete sich Erlebnisgastronomie mit Veranstaltungen an, die wesentlich mehr Plätze verlangen. Horn: „Diese Potenziale kann man auf jeden Fall bei der Betrachtung zur Wirtschaftlichkeit berücksichtigen.“ Die Stadt Radebeul nimmt dagegen den Vergleich zum Spitzhaus und geht von 140 bis 150 Plätzen aus.

Ungeachtet dieser unterschiedlichen Sichtweisen, geht Kreider jetzt in die Offensive. In einem Schreiben an Radebeuls Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos), Ordnungsamtsleiter Michael Karlshaus und den Leiter der Bauaufsicht, Ulrich Schröder, wird die Stadt davor gewarnt, den Bebauungsplan einfach nochmals auszulegen und dann wieder in Kraft zu setzen. Kreider und seine Anwältin Jana Neumann verweisen darauf, dass die Revision zum Bundesverwaltunsgericht nicht zugelassen worden sei. Obendrein droht Kreider, Schadenersatzansprüche, die bereits der Vorbesitzer der Friedensburg angekündigt hatte, erheblich auszuweiten.

Als I-Punkt im Schreiben verweist Kreiders Rechtsanwältin darauf, dass durch „die Zwangsversteigerung jedwede im Grundbuch gesicherte Vormerkung ausweislich des aktuellen Grundbuchs gelöscht“ ist. Gemeint ist damit der Gerichtsentscheid zugunsten der Stadt von vor vier Jahren zum Wegerecht für den Vorplatz, welches Radebeul ein Vorkaufsrecht für das Areal gesichert hatte. Und, so die Rechtsanwältin, „bitten wir darum, die Vorlage dieses Schreibens an die einzelnen Stadträte durch Verteilung zu veranlassen und dies uns gegenüber zu bestätigen“.

Eine geballte Ladung, aus der Radebeuls OB Wendsche die Schärfe nehmen will: „Ich rate beiden Seiten, im Ton runterzukommen.“ Zuerst einmal wolle die Stadt die schriftliche Urteilsbegründung vom Gericht abwarten. Mit der sei wahrscheinlich Ende August zu rechnen. Er werde sicher den Stadtrat informieren, so der OB, allerdings erst, wenn die Urteilsbegründung eingetroffen ist. Solange die Begründung der Richter nicht da sei, sei es müßig, einen neuen Schlachtplan aufzustellen.

Abhängig von der Begründung werde man gegebenenfalls einen Antrag auf Revision stellen, heißt es auf SZ-Nachfrage. In Sachen Schadenersatz sagt Wendsche, dass es seines Wissens bisher keinen begründeten Antrag dazu gebe.

Ohne die genaue Begründung zu kennen, sagt der OB zur Entscheidung des Gerichts, dass dies so nicht vorhersehbar war, weil nicht jede kleinere Veränderung im Bebauungsplan zu einer Neuauslage führen müsse. Sicher ist er sich hingegen, dass das Vorkaufsrecht für die Flächen an der Friedensburg Bestandskraft hat. Wendsche: „Ob das jetzt hinfällig sein könnte, steht allenfalls als Frage im Raum.“

Seit fast 15 Jahren wird um die Nutzung der Friedensburg zwischen Besitzern und Stadt gestritten. Ursprünglich hatte der erste Käufer die Gastronomienutzung sogar in seinem Bauantrag formuliert. Dann jedoch gegen den Plan, in dem dies festgeschrieben wurde, geklagt. Seitens der Stadt hatte OB Wendsche den Stadträten auf Nachfrage mitgeteilt, dass bislang 141 000 Euro an Anwalts- und 40 000 Euro an Gerichtskosten aufgewandt werden mussten.