Merken

Freital laufen die Touristen weg

Die Übernachtungszahlen sind in den vergangenen Jahren massiv zurückgegangen. Nun will die Stadt gegensteuern.

Teilen
Folgen
© Andreas Weihs

Von Tobias Winzer

Freital. Frank Meschke hat mit seinem Hotel schon ziemlich viel durchgemacht. Das Hotel Stadt Freital mit 15 Zimmern, zentral gelegen an der Bahnhofstraße, gehört zu den Institutionen in der Stadt – seit 1933 in Familienbesitz, seit 1987 führt hier Meschke die Geschäfte. Der 60-Jährige hat die wilde Wendezeit miterlebt, spürte den Aufschwung danach und kann zur heutigen Zeit nur eines sagen: Es läuft nicht besonders gut. „Die Übernachtungszahlen sind Stück für Stück zurückgegangen.“

Dieser Eindruck wird auch von aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes bestätigt. Gab es im Jahr 2012 noch acht große Unterkünfte in der Stadt Freital mit insgesamt 584 Betten und einer Übernachtungszahl von rund 65 000, sind diese Zahlen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesunken. Größter Einschnitt dabei war die Schließung des Leonardo-Hotels Anfang 2015. Dadurch ist die Zahl der verfügbaren Betten wesentlich geringer und damit logischerweise auch die Zahl der Übernachtungen. Ein bedenklicher Trend deutet sich jedoch mit den Zahlen für 2015 und 2016 an: Obwohl die Zahl der Betten gleich blieb, sank die Zahl der Übernachtungen von 17 328 auf 14 968. Die Sächsische Zeitung zeigt, was die Gründe dafür sind und welche Lösungsansätze es gibt.

Die Ursache 1: Der Ruf Freitals verschreckt Touristen

Asyl-Demonstrationen, Attacken auf Ausländer und nicht zuletzt der Prozess gegen die Gruppe Freital – ob zu Recht oder zu Unrecht, die Stadt hat derzeit deutschlandweit nicht den besten Ruf. Ob sich das auf die Übernachtungszahlen niederschlägt, lässt sich nur vermuten.

Hotelier Frank Meschke jedenfalls macht einen direkten Zusammenhang aus. Rathaussprecher Matthias Weigel sagt: „Auch die Ereignisse rund um das Thema Asyl haben möglicherweise dazu beigetragen, dass weniger Gäste zum Übernachten in die Region kamen.“

Die Ursache 2: Starke Konkurrenz vor der Haustür

In der Region ist Dresden der Anziehungspunkt für Touristen. Theoretisch könnte davon auch das Umland profitieren. Jedoch sind in der Landeshauptstadt in den vergangenen Jahren etliche Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen worden. Heute gibt es dort etwas mehr als 22 000 Betten. 1999 waren es noch rund 14 500.

Die Ursache 3: Freital tut zu wenig für die Selbstvermarktung

Städte, die vom Tourismus profitieren wollen, schließen sich in der Regel Tourismusverbänden an. Über diese Zusammenschlüsse können zum Beispiel Werbeaktionen gestartet werden. Freital liegt zwischen Tourismusverband Sächsisches Elbland rund um Meißen und dem Tourismusverband Erzgebirge – und ist in keinem der beiden Zusammenschlüsse Mitglied.

Die Ursache 4: Statistik berücksichtigt kleine Pensionen nicht

Der Rückgang bei den Freitaler Touristenzahlen ist nach den Zahlen des Statistischen Landesamtes heftig. In der Realität könnten die Daten aber etwas freundlicher aussehen. Der Grund: Kleinere Häuser mit bis zu acht Betten sowie die Privatvermieter von Ferienwohnungen und Privatzimmern sind nicht berücksichtigt. „In Gesprächen mit der Gastwirtschaft wurden gegenüber der Stadtverwaltung jedenfalls bislang keine erheblichen Einbrüche bei den Übernachtungszahlen signalisiert“, so Rathaussprecher Matthias Weigel.

Die Lösung 1: Hotelneubau am Sächsischen Wolf geplant

Mehr Touristen könnten durch neue Übernachtungsangebote angelockt werden. Seit der Schließung des Leonardo-Hotels gibt es kein großes Hotel mehr in Freital. Unter Umständen könnte sich das bald ändern. Für das Areal am ehemaligen Sächsischen Wolf ist auch ein Hotel-Neubau im Gespräch. Die Entscheidung, ob dieser tatsächlich kommt, fällt wohl im Herbst.

Die Lösung 2: Engere Zusammenarbeit mit Tourismusverbänden

Das Rathaus will den sinkenden Übernachtungszahlen gegensteuern. „Aber man sollte sich nicht der Illusion hingeben, das Freital zum absoluten Tourismusmagnet wird. Für Tagesgäste, die im Hinblick auf die Zahlen ja vor allem hier her kommen, ist Freital lohnenswert und attraktiv – und genau dort wollen wir weiter arbeiten“, sagt Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU).

Er verweist unter anderem auf den neuen Internetauftritt der Stadt Freital, der im Herbst starten soll, sowie auf eine neue Auflage des Gastgeberverzeichnisses und der städtischen Imagebroschüre. Zudem präsentiere sich die Stadt in touristischen Zeitschriften und auf entsprechenden Veranstaltungen. Die gute Verkehrsanbindung der Stadt sei ein großer Vorteil für den Tourismus. Hier gelte es, das Netz aufrecht zu erhalten und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln.

Darüber hinaus will Freital den Kontakt zu den beiden angrenzenden Tourismusverbänden vertiefen. Seit diesem Jahr vermarkten sich das Sächsische Elbland und Dresden unter dem gemeinsamen Markennamen Dresden Elbland. „Aufgrund der räumlichen Nähe zu Dresden kann Freital von dieser Entwicklung profitieren“, so Rathaussprecher Matthias Weigel. Über neue Formen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit sowie Vorhaben ab 2018 werde beraten. Ein gemeinsames Gespräch mit dem Tourismusverband und Dresden Marketing seien am Tisch des Oberbürgermeisters für Spätsommer/Herbst geplant. Ähnliche Gespräche sollen auch mit den Vertretern des Tourismusverbandes Erzgebirge stattfinden.

Diesen Weg hält auch Hotelier Frank Meschke für sinnvoll. „Alle sollten an einem Strang ziehen“, sagt er. Man müsse jede Möglichkeit nutzen, um Touristen nach Freital zu locken. Kommentar