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Freigesprengte Schwedenlöcher

In der Sächsischen Schweiz kommt man mit Sprengstoff einem Felssturz zuvor.

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© Marko Förster

Von Benjamin Schuke

Es war ein lautes Rumsen, das am Dienstag durch den Amselgrund in der Sächsischen Schweiz hallte. 150 Stufen oberhalb der Schlucht öffnet sich dem Betrachter seitdem ein Steinbruch. Frisch gebrochene Felsbrocken und fast weißer Sand bedecken auf etwa 40 Quadratmetern den Waldboden. Der Grund: die Sprengung eines gefährlich überhängenden Felsens durch die Nationalparkverwaltung. Der Sprengung vorausgegangen waren monatelange Untersuchungen und die Frage: Geht es zu weit, mitten im Nationalpark einen Felsen zu sprengen, nur weil Touristen hier entlang kraxeln wollen? Nein, sagte man, geht es nicht. Wer zurzeit von Rathen aus auf die Bastei möchte, muss immerhin den längeren Weg über den Amselgrund nehmen. Seit Februar ist der direkte Pfad durch die Schwedenlöcher gesperrt. Wo sich im 30-jährigen Krieg Bauern vor den Schweden versteckten, ist seit einiger Zeit eine Baustelle, denn der Weg musste von einem lebensgefährlich hängenden Felsen befreit werden. Mit Sprengstoff ist der turmartige 1500 Tonnen schwere Gesteinsbrocken nun entschärft worden. Verbliebene Spalten sollen bis zum 20. September mit Drucklufthebekissen auf Festigkeit getestet werden.

Der zerklüftete und um 60 Grad geneigte Felsturm hatte direkt an den Schwedenlöchern gestanden. Schon am Pfingstsonntag 2012 war es in der Nähe des gefährlich verwitterten Sandsteins zu einem Unglück durch abstürzendes Geröll gekommen. In fast 50 Metern Höhe hatte sich dabei eine große Felsplatte gelöst. Sie zersprang, die Splitter verletzten sieben Wanderer. Ohne den Vorfall wäre der Fels wohl nicht untersucht worden. „Sein unsicheres Fundament und die Klüfte im Gestein hätten ihn jederzeit in die Tiefe stürzen lassen können“, sagt Pressesprecher Hanspeter Mayr.

Im Gutachten eines Freiberger Ingenieurbüros ist die Rede von 90 Zentimeter tiefen Rissen im oberen Drittel des Felskörpers und Wandeinkerbungen von bis zu 12 Metern Länge.

Mit Bohrungen an einer felseigenen Gleitfläche und einer kleinen Ladung Sprengstoff in einem Schlauch wurde der Sandsteinturm nun vom Boden abgetrennt. Sprengmeister Christoph Oswald, der sich sonst um alte Schornsteine kümmert, brauchte nur ein wenig nachzuhelfen, dann brach das Gestein durch sein eigenes Gewicht zusammen. „Wir wollen nicht, dass hier im nächsten halben Jahr wieder Felsstücke abstürzen“, sagt Oswald. „Aber dass jemand unterschreibt, hier sei ab sofort alles sicher, glaub ich nicht.“ Absolute Sicherheit vor Felsstürzen sei eine Illusion in einem Erosionsgebirge.

Die großen Brocken des Schutts sollen nun in mehrere Teile zerlegt werden. „Die Touristen kommen ja gerade, weil es kein Disneyland ist“, sagt der Besucherverkehrsverantwortliche, Matthias Herschel. „Die Attraktivität rührt vom Verfall uralten Gesteins her.“ Nun solle die alte Treppe einfach darüber kommen und ergänzt werden. Wann die Schwedenlöcher wieder geöffnet werden, ist noch unklar.