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Freie Sicht auf die Göltzschtalbrücke

Das Dickicht ist weg. Besucher können das Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst wieder in seiner ganzen Größe bewundern.

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© dpa

Von Martin Kloth

Christa Trommer ist begeistert. Wenn die Vorsitzende des Fremdenverkehrsvereins „Nördliches Vogtland“ über die neue Sicht auf die imposante Göltzschtalbrücke spricht, gerät sie ein bisschen ins Schwärmen. „Ich finde die super. Man kann die Brücke fast in ihrer gesamten Länge sehen“, sagt die Vereinschefin. An diesem Samstag wird die neue Sichtachse auf die weltgrößte Ziegelbrücke offiziell eröffnet. Dann gibt es wieder freie Sicht auf das einmalige Bauwerk in seiner ganzen Größe.

Stephan Hösl hatte irgendwann genug. Von allen Seiten wucherten Gestrüpp, Büsche und Bäume. Die Sicht auf die Brücke war durch Wildwuchs eingeschränkt. Von vier Etagen waren nur noch zwei zu sehen. „Die Brücke war mächtig eingewachsen“, sagt der Landtagsabgeordnete. Also ergriff er die Initiative und versammelte alle Beteiligten an einem Tisch: Forst- und Wasserwirtschaft, Bahn, Landratsamt, Vertreter der Städte Netzschkau und Reichenbach, Gewerbetreibende. „Es war nicht leicht, das erste Treffen zu organisieren.“ Am Ende aber packten alle mit an.

Die Ziegelbogenbrücke ist das Wahrzeichen des Vogtlands. Sie überspannt in einer Höhe von 78 Metern und auf einer Länge von 574 Metern zwischen Reichenbach und Netzschkau das Tal des Flüsschens Göltzsch. Nur fünf Jahre nach der Grundsteinlegung wurde die seinerzeit höchste Eisenbahnbrücke der Welt am 15. Juli 1851 eröffnet. 26 Millionen Ziegelsteine wurden verbaut. Der Viadukt nach einem Entwurf von Johann Andreas Schubert wurde von 1 736 Arbeitern erbaut – 31 von ihnen kamen bei Unfällen ums Leben.

Wie zur Zeit ihrer Fertigstellung queren auf der Brücke auch heute noch die Züge der sogenannten Sachsen-Franken-Magistrale das Göltzschtal. Mit bis zu 110 km/h fahren die Vogtlandbahn und die Mitteldeutsche Regiobahn über den 2009 zum „Historischen Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“ erhobenen Viadukt.

Der Wert der Göltzschtalbrücke als Wahrzeichen für das Vogtland ist unbestritten. Über ihren derzeitigen Status sind die Meinungen geteilt. „Die Brücke ist ein großer Touristenmagnet“, sagt Christa Trommer. Mehr als 20 000 Besucher seien 2016 vom Verein gezählt worden. CDU-Mann Hösl hingegen meint, die Brücke solle jetzt, wo man wieder freie Sicht auf das Bauwerk habe, erst wieder ein Touristenmagnet werden. Etliche Festmeter an Strauch- und Gestrüppholz wurden beseitigt. „Das Ergebnis ist erstaunlich.“ Auch der Naturschutz wurde beachtet: Das Naturschutzgebiet auf Reichenbacher Seite sei nicht beeinträchtigt worden und für die an der Brücke lebenden Fledermäuse gebe es zehn neue Nistkästen. (dpa)