Merken

„Frauentausch“ in Schlegel

Die Pollemans haben bei RTL2 das Porno-Sternchen Aische Pervers abblitzen lassen. Die Oberlausitzer haben sich für die Folge mehrheitlich fremdgeschämt.

Teilen
Folgen

Schlegel ist jüngst Thema bei der Schmuddel-Doku „Frauentausch“ auf dem Privatsender RTL2 gewesen. Bereits im Mai 2012 haben die Aufnahmen dazu in Schlegel stattgefunden. Bei der in der letzten Woche ausgestrahlten Folge haben die 52-jährige Ria aus Schlegel und die 28-jährige Aische aus Berlin die Rollen getauscht. Ria ist die Mutter der holländischen Familie Pollemans, die seit 2010 in Schlegel auf einem Bauernhof lebt.

Ria ist vom Sender nach Berlin-Spandau in das Luxusappartement von Aische und ihrem Freund verfrachtet worden. Auf dem Hof in Schlegel zurückgeblieben sind außer den Pferden, Schafen, Ziegen und Hunden Vater Michael und seine beiden Söhne. Bjorn, 33 Jahre alt, und Xander, 31 Jahre alt. Xander ist im Fernsehen als Anhänger des Islam dargestellt worden und sein Bruder musste in die Kamera sagen, dass er mit deutschen „Tussis“ nichts anfangen könne. „Das ist Blödsinn, Xander interessiert sich nur für den Koran“, erklärt Vater Michael Pollemans gegenüber der SZ und macht klar, dass die ganze Folge ein einziger Lug und Trug sei. Tatsächlich hat die Familie vor ihrem Leben in der Oberlausitz sieben Jahre in Marokko gelebt.

In der Kombination von Islam, Sex und unbefriedigten Dorfjungs haben die Fernsehmacher wohl genügend Konfliktpotenzial für einen Fernsehabend gesehen, der ihre bildungsferne Zielgruppe milieugerecht unterhalten sollte. RTL2 hat sich dazu die als „Aische Pervers“ in den Medien bekannte Berlinerin geholt. Sie hat beispielsweise als Lehrerin verkleidet bei „Supertalent“ der Jury um Dieter Bohlen den Erlkönig vorgestöhnt und den ersten Amateurporno beim Oktoberfest gedreht. Nach der Vorstellung der Autoren sollte Aische wohl den holländischen Männerhaushalt gehörig aufmischen. Vater Michael und die Söhne waren während des ganzen Drehs mit einer Djellaba, einem wallenden Gewand aus Nordafrika, bekleidet, um ihre vermeintliche Verklemmtheit auch visuell noch zu untermauern. Die Herren ließen sich von dem offenherzigen Luder jedoch nicht beeindrucken und hatten für die Berlinerin und ihr schlüpfriges Gewerbe nur Ablehnung übrig. Trotz ihres angeblich vom Glauben eingetrübten Frauenbildes blieben die weit gereisten Holländer nett und lieferten keinerlei Material für einen medialen Supergau. So plätscherte die vermeintliche Geschichte über den Sender, bis Mutter Ria in Berlin vor Heimweh die Reißleine zog und den Spuk durch sofortige Heimreise nach Schlegel abrupt beendete. So ist die Story über den Äther gerauscht.

Die Wahrheit sieht etwas anders aus, erklärt Michael Pollemans: „Nach drei Tagen habe ich das Team vom Hof gejagt.“ Er fühlt sich vom Sender hintergangen. So seien ihnen alle Dialoge in den Mund gelegt worden. Die angereiste Aische sollte eigentlich das Haus putzen und die Männer versorgen, so sieht es das Konzept vor. „Die hat nicht mal Frühstück gemacht!“, so Michael Pollemans. Mit dem Abbruch habe er das Schlimmste verhindert: So sollte Aische mit einem Striptease auf der Wiese seinen Sohn Xander von seiner täglichen Yogaübung abhalten. Daraus wurde nichts. Mutter Ria erzählt, dass sie vor ihrer Reise nach Berlin ihr Handy und ihre Bankkarte abgeben musste, damit sie keinen Kontakt aufnehmen oder verschwinden konnte. In der Luxuswohnung habe sie nach dem Dreh nur Königsberger Klopse aus der Dose zu essen bekommen. „Wie bei einer Geiselnahme“, erzählt die Umgetauschte.

Ria ist es gewesen, die mit einer E-Mail an RTL2 ihren Männern die Suppe eingebrockt und sich für „Frauentausch“ beworben hat. Schon drei Tage nach der Bewerbung sei ein Castingteam nach Schlegel gekommen, erzählt Ria Pollemans. Der seitenlange Vertrag mit dem Sender sei um Mitternacht per E-Mail verschickt worden. Morgens um acht habe dann ein Kurier in der Haustür gestanden, der die unterzeichneten Verträge abholen sollte. So sei gar keine Zeit geblieben, das Vertragswerk überhaupt zu lesen, sagt Vater Pollemans frustriert. Wenigstens aus dem Mifa-Fahrrad, auf dem Aische Pervers zur Bäckerei Münch geradelt ist, will das Familienoberhaupt nun Kapital schlagen. Das Fahrrad kann jetzt bei Ebay ersteigert werden.

Die Masche ist immer dieselbe: Die Geschichten sind frei erfunden und die Handlung läuft nach Drehbuch ab. Die Protagonisten werden dabei vorgeführt und alle denkbaren Klischees bedient. Erst im Juli 2012 hatte das Berliner Oberlandesgericht befunden, dass die Klägerin, eine Mutter die bei „Frauentausch“ mitgewirkt hatte, „gezielt lächerlich gemacht“ worden sei. „Die Pollemans haben sich clever aus der Affäre gezogen“, kommentiert Ortsbürgermeister Frank Sieber die Story. Bei Facebook ist die Folge von einigen Oberlausitzern ausgewertet worden: Die haben sich mehrheitlich fremdgeschämt.