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Frauen im Baumarkt

Seit 25 Jahren gibt es Obi in Kamenz. Ein überragender Großteil der Belegschaft ist weiblich. Das ist selten in der Branche.

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© Matthias Schumann

Von Ina Förster

Kamenz. Sie verkaufen Rasenmäher und Bohrmaschinen. Und wissen Bescheid, wie man eine Wandfarbe richtig anmischt, welcher Kleber für welche Fliese passt und einen Gabelstapler fahren können sie obendrein. Manchmal müssen sie sich anhören, dass der Kunde doch lieber einen männlichen Rat wünscht. Dann ärgert sie das kurz, aber letztendlich schmunzeln sie nur in sich hinein und bitten halt den Kollegen. Die 19 Frauen im Kamenzer Obi-Baumarkt stehen ihren elf männlichen Mitarbeitern allerdings in fast nichts nach. Der kleine Unterschied wird hier zur Nebensache.

„Wir haben wirklich eine gute Frauenquote. Das ist mehr als vorbildlich“, meint auch Marktleiterin Maren Haase. Nicht so oft findet man das. Obwohl es im Osten noch deutlich mehr solcher Fälle gibt. Auch dass Frauen Marktleiter werden, ist gerade hier in der Dresdner Region keine Seltenheit. Die Chefs in den Obi-Märkten Ottendorf-Okrilla, Weißig und Bannewitz sind allesamt weiblich. „In den alten Bundesländern ist dies eher selten bis undenkbar“, schmunzelt Maren Haase. Im Osten ticken die Uhren eben immer noch anders, scheint es. In den Abteilungen Farbe, Deko und Inneneinrichtung und vor allem im gut laufenden Gartencenter waren schon immer viele Frauen tätig. Auch die Kassen sind freilich wie in anderen Einkaufsmärkten weiblich besetzt. Wenn es nötig wird, lädt aber beispielsweise Katrin Günther schon mal im Lager mit dem Gabelstapler einen ganzen Lkw allein ab. Staunen tut darüber kaum jemand.

Frauenüberschuss im Unternehmen

Seit genau 25 Jahren gibt es Obi in der Lessingstadt. Seit 2007 leitet die 39-Jährige den Markt. „Man hat mir als Frau mit zwei kleinen Kindern auch ermöglicht, Teilzeit zu arbeiten“, sagt sie. Und es funktioniert. Das Team aus insgesamt 30 Mitarbeitern in Kamenz funktioniert. Vielleicht, weil weibliche Intuition der Arbeitsweise und Kundenpflege manchmal gar nicht so schlecht zu Gesicht stehen. Auch die Männer in der orange-schwarzen Arbeitskluft haben sich arrangiert mit dem Frauenüberschuss. Hier wird gleichberechtigt an die Sache gegangen – wenn es sein muss, verpacken eben die Herren in der Gartenabteilung die Geschenke ganz kreativ.

Doch der hohe Frauenanteil bringt nicht nur Positives mit sich. Frauen sind Mütter. Mütter haben Kinder. Kleine Kinder sind öfter krank. Und brauchen viel Zeit und Aufmerksamkeit. Wie damit umgehen in einer Branche, die vollen Einsatz fordert – vor allem an den Wochenenden? „Wir wollen hier neue Wege in der Mitarbeiterbetreuung gehen. Die Sonnabende in der Saison März, April und Mai beispielsweise sind unsere umsatzstärksten Tage. Hier brauchen wir jeden Mitarbeiter“, sagt Maren Haase.

Betreuung für Mitarbeiterkinder?
„Wir haben uns also Gedanken gemacht, wie das gehen soll. Vor allem bei den Eltern unter uns. Und dann hatten wir die Idee: Wir wollen an ausgewählten Samstagen eine Betreuung für unsere Mitarbeiterkinder im Markt anbieten. Die Mamas und Papas arbeiten und der Nachwuchs wird nebenbei bespaßt“, sagt die Gersdorferin. Dass sich die Verkaufskultur allgemein über die Jahre verändert hat, ist kein Geheimnis. „Ich denke, wir werden in der Zukunft eine Kombination aus stationärem Laden und Online-Handel sein. Das entwickelt sich gerade in diese Richtung. Die Kunden informieren sich sehr genau im Vorfeld über die Produkte, wissen genau, was sie wollen und dafür bezahlen“, sagt Maren Haase.

Dank der Obi-Internetseite kann man nachschauen, ob das gewünschte Objekt überhaupt in der Kamenzer Filiale vorrätig ist. Der Trend geht in die Richtung, dass man sich nur noch ausgewählte Produkte in den Markt stellt, die unterschiedlichen Ausführungen und Farben aber online geordert werden. Das funktioniert ziemlich gut und geht fix. Und die Anlieferung nach Hause wird immer öfter genutzt. Zum Beispiel bei solchen Produkten wie Pflanzerde. „Vor allem weibliche Kunden wollen die schwere Ware nicht schleppen. Wir haben es in diesem Jahr mit Erfolg getestet. Dafür zahlt man gern ein Aufgeld.“

Der Standort im Gewerbegebiet an der Windmühle in Kamenz hat sich über die Jahrzehnte bewährt. 2017 wurde das Dach des Gartencenters neu gedeckt – ein Hagelschauer hatte einiges zerstört. Doch Obi lebt. Vor allem durch seine Mitarbeiter.