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„Frau Staatssekretärin, es ist Zeit zu gehen“

Ein Richterverband fordert den Rücktritt von Justiz-Staatssekretärin Gabriele Hauser.

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Von Karin Schlottmann

Justiz-Staatssekretärin Gabriele Hauser gerät immer stärker unter Druck. Die Neue Richtervereinigung – ein Berufsverband von Richtern und Staatsanwälten – hat Hauser jetzt aufgefordert, von ihrem Amt zurückzutreten. Sie habe der Justiz durch ihr „unbedachtes Vorgehen schweren Schaden“ zugefügt, heißt es in der aktuellen Mitgliederzeitschrift.

Hauser habe sich direkt in ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bautzen eingemischt, in dem es um den Verdacht ging, ein Beamter des Innenministeriums behindere die Arbeit der Polizei. Der Vorwurf einer ungerechtfertigten Begünstigung dränge sich geradezu auf, schreibt Christian Avenarius, Vorstandsmitglied des Verbandes und Pressesprecher der Dresdner Staatsanwaltschaft.

Anlass für die Rücktrittsforderung ist ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bautzen gegen einen Beamten des Innenministeriums wegen versuchter Strafvereitelung. Er hatte auf der Polizeiwache in Radeberg versucht zu verhindern, dass bei einem Freund nach einer Trunkenheitsfahrt eine Blutprobe genommen wird.

Weil er eine Geldauflage von 3000 Euro zahlen sollte, beschwerte er sich bei seinem Vorgesetzten, dem Innenstaatssekretär. Der wandte sich an seine Kollegin im Justizministerium, Gabriele Hauser. Hauser, justizintern auch „Königskobra“ genannt, führte zwei Telefonate mit dem Leiter der Staatsanwaltschaft Bautzen. Das Ergebnis: Das Verfahren wurde ohne Geldauflage eingestellt. Justizminister Geert Mackenroth (CDU) hatte das Vorgehen seiner Staatssekretärin verteidigt. Sie habe für einen „ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens“ sorgen wollen. Ganz korrekt dürfte aber auch er die Anrufe nicht empfunden haben. Ein solcher Vorfall werde sich so nicht wiederholen, versicherte er in einem SZ-Interview.

Anschein einer Einflussnahme

Oberstaatsanwalt Avenarius kritisierte in seinem Beitrag, Hauser habe auch bei wohlwollenden Beobachtern „zwangsläufig den bösen Anschein einer Einflussnahme“ erweckt. Gerade mit Blick auf die Person des Beschuldigten – ein Referatsleiter des Innenministeriums – wäre es besonders wichtig gewesen, sich aus der Sache tunlichst herauszuhalten, schreibt er. Und wörtlich: „Wie will sie vermitteln, dass die sächsische Justiz tatsächlich in jedem Fall ohne Ansehen der Person ermittelt und sächsische Staatsanwälte nicht nach der Pfeife der Regierung tanzen?“ Schlimmer noch als ihre Einmischung in ein Verfahren bewertet es die Richtervereinigung, dass sich Hauser nicht zu ihrem Fehler bekenne – anders als der frühere Justizminister Steffen Heitmann, der vor acht Jahren wegen eines vergleichbaren Fehlers zurückgetreten war.

Die Neue Richtervereinigung hat schon in der Vergangenheit Hausers Personalpolitik kritisiert. Ihre Beförderungsentscheidungen seien nicht immer so transparent wie nötig, bei der Versetzung von Arbeitsrichtern zu den Sozialgerichten setze sie gar die Brechstange ein, heißt es in einem weiteren Beitrag der aktuellen Mitgliederzeitung.