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Flüssiges Mittelalter aus dem Internet

Die Open-Air-Saison 2018 kommt. Heavy-Metal-Fans stehen auf Wacken. Und die Bands des Festivals stehen auf Met aus Sachsen.

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© André Schulze

Von Thomas Staudt

Schwarz, laut, martialisch. Das Wacken Open Air genießt bei Fans härterer Saiten Kultstatus. Auf Gehaltvolles stehen die Mitglieder der auftretenden Bands. Sie küren alljährlich bei einem inoffiziellen Geschmackswettbewerb den besten Met. 2017 ging der erste Platz an „Harpynol“, so Bruder Tuck alias Mike Hilge, der das Gebräu im Nieskyer Ortsteil Stannewisch, wo er wohnt, selbst herstellt.

Zu Wacken kam Hilge, der mehr auf Mittelalter als auf Metal steht und mit seinem Met schon seit fünf Jahren auf Mittelaltermärkten unterwegs ist, wie die sprichwörtliche Mutter zum Kind. „Eine Band hat einfach bei uns angefragt, ob wir für sie Met produzieren wollen“, erzählt Hilge in seiner Event-Gaststätte Excalibur in Ödernitz, einem weiteren Ortsteil von Niesky. Die Band nennt sich Harpyie. Die fünf Mitglieder kommen aus dem ostwestfälischen Bad Oeynhausen und nennen ihren Sound selbst New Medieval Rock oder Folk Metal. Metal, Met und Mittelalter. Neben „Harpinol“ produziert Hilge für das Quintett auch „Berserkerblut“, ein Met, das durch den Zusatz von Lebensmittelfarbe eine kräftige Rotfärbung erhält.

Das deutsche Wort Met bedeutet Honigwein und hat laut dem Wissensportal Wikipedia seine Wurzeln im indogermanischen Wortstamm medhu, womit zumeist Honig bezeichnet wurde. Der süße Saft ist neben Wasser und Reinzuchthefen Hauptbestandteil des nicht umsonst so genannten Honigweins. Man könne selbstverständlich auch ganz normale Hefe verwenden, grinst Hilge. Aber das führe nach dem Genuss anderntags nicht selten zu einem Schädel und gelegentlich zu einem Durchmarsch. Durch Gärung erhält das Gebräu seinen Alkoholgehalt, der mit Reinzuchthefen zugleich besser kontrollierbar ist, und seinen typischen Geschmack.

Für sein Rezept zum Selberbrauen stand das Internet Pate. Schon nach wenigen Versuchen war das Resultat nicht nur trinkbar, sondern richtig gut und bildete eine willkommene Ergänzung zu den anderen Angeboten wie Schinken oder Wurst, mit denen Hilge als Bruder Tuck Besucher von Mittelaltermärkten im ganzen Bundesgebiet beköstigt. Inzwischen haben er und seine Frau Natalia Routine im Metbrauen, das sie bereits im fünften Jahr betreiben. 25 verschiedene Sorten haben sie im Angebot. Alle weisen einen Alkoholgehalt von 11 Prozent auf, nur das sogenannte Königsmet hat 19. Den Unterschied machen eigentlich Fruchtzusätze wie Himbeere oder Banane. Dem Geschmack sind keine Grenzen gesetzt. Die Fruchtkonzentrate werden nach der Gärung zugesetzt. Nur Kirschsaft wird nicht nur beigemischt, sondern teilweise mitvergoren. Ohne hält sich Met quasi ewig, meint Hilge, mit Fruchtzusätzen sind der Haltbarkeit Grenzen gesetzt.

Für „Tuck-Bräu“ nimmt Hilge Lausitzer Schwarzbier statt Wasser. Hundert Liter pro Sorte kann er zu Hause bequem selber brauen. Insgesamt beträgt sein Ausstoß 2 500 Liter im Jahr. Was seine Kapazitäten übersteigt, lässt er bei einer Firma im rheinland-pfälzischen Oberzissen bei Ahrweiler produzieren. Ganz ausgefallene Geschmacksrichtungen kauft Hilge zu.

Außer auf Mittelaltermärkten und auf Bestellung von Großkunden schenkt Hilge sein Met auch im „Excalibur“ aus, den Becher für 2,50 Euro. Der Renner dort ist Holunderbeere. Und was trinkt Bruder Tuck am liebsten? „Ich gönne mir gern ein Tuck-Bräu. Beim Met stehen meine Frau und ich auf Kirsch.“

Noch im Januar will der Wirt Interessierten das Metbrauen bei einem Kurs näherbringen. Wer lieber konsumiert statt kreiert, kann den süßen Saft auch übers Internet bestellen. Das geht mit der neuen Homepage, die seit wenigen Tagen online ist, noch leichter. „Classic Tuck“ ist Hilges Standard-Met, die Flasche zu 6,90 Euro.

Die Qualität seines Mets hat sich inzwischen herumgesprochen. Seit Kurzem bestellt auch die Hamburger Folk-Rock-Band Vogelfrey ihr eigenes Met in Stannewisch. „Crystal Met“ nennt sich der giftgrüne Trunk. „Bruder Tucks Metizin“ steht auf dem Etikett. Vielleicht hat Mike Hilge damit ja erneut Chancen und kann in Wacken punkten.

www.bruder-tuck.de