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Flüchtlinge müssen Freitaler Leonardo verlassen

Für die meisten der verbliebenen Asylbewerber kam der Rauswurf trotz Ankündigung überraschend.

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© Stephan Klingbeil

Von Stephan Klingbeil

Freital. Am Ende ging alles ganz schnell. Lange hatten sie sich gewehrt, jetzt mussten die rund 30 verbliebenen Flüchtlinge aus dem ehemaligen Hotel Leonardo in Freital raus. Die überwiegend jungen Männer, die nach eigener Auskunft mit Ausnahme eines Irakers allesamt aus Syrien stammen, folgten am Montagmorgen der Aufforderung des Sicherheitsdienstes. Einige sagen, sie hätten noch Sachen in der Einrichtung zurücklassen müssen, die seit mehr als einem Jahr als Asylunterkunft genutzt worden ist. Nach dem Rauswurf verweilten die Männer mehrere Stunden vor dem ehemaligen Hotel. Noch am späten Nachmittag wussten sie nicht, wohin. Deutsch oder Englisch sprechen sie nicht. Der aus der Türkei stammende Musiker Birols San übersetzte daher vor Ort die Fragen der SZ.

Der Dresdner Flüchtlingshelfer hat mit Mitgliedern der Linken vom Stadtverband Freital-Tharandt-Wilsdruff kurzfristig private Fahrzeuge organisiert, die die Flüchtlinge am Montag nach Zinnwald bringen sollen. „Dort werden sie erst mal für eine Nacht untergebracht, Gespräche mit Behörden sind am Dienstag angedacht, dann werden wir weitersehen“, erklärt San. Augenscheinlich kam der Rauswurf am Montagmorgen für viele der Flüchtlinge überraschend. „Vor zwei, drei Tagen gab es einen Hinweis, dass alle am Montag rausmüssen“, erklärt jedoch einer der Bewohner. Einer der Sicherheitsleute im Leonardo bestätigt dies. Inzwischen sei die Unterkunft leer.

Pikant: Mehrere der Flüchtlinge verweisen auf ein der SZ vorliegendes Schreiben von dem für Asylfragen zuständigen Landratsamt vom 28. April. Darin heißt es, dass die anerkannten Asylbewerber das Leonardo am 28. Juli verlassen sollen. Diesen Tag habe sich die Behörde „als Auszugstermin vorgemerkt“. Kam der Rauswurf zu früh? Nein, teilt das Landratsamt mit. Offenbar gab es ein aktuelleres Schreiben, das die Behörde verschickt hatte. „Durch die Betreibergesellschaft Pro Shelter wurde eine Karenzfrist bis zum 3. Juli gesetzt, um aus dem Leonardo auszuziehen“, erklärt die Beigeordnete Kati Hille (CDU). Bereits mit jenem Schreiben des Ausländeramts vom 15. Juni hätten „alle Bewohner die Information erhalten“, dass mit der Anerkennung als Flüchtling ihr Anspruch auf Unterbringung durch den Landkreis entfalle.

Die Bewohner wurden aufgefordert, das Leonardo bis 30. Juni zu verlassen. Gleichzeitig wurde ihnen Hilfe bei der Wohnungssuche angeboten, betont Hille. Viele der bis zum Schluss im Leonardo verbliebenen Flüchtlinge wussten indes am Montag nicht, wohin. Sie alle sind inzwischen anerkannte Asylsuchende. Das heißt, sie müssen sich selber um eine Wohnung kümmern, aber auch um Finanzhilfen wie Wohngeld oder Hartz-IV-Leistungen. Arbeitsstellenangebote vom Jobcenter hätten sie noch nicht erhalten. Wohnungsangebote habe es gegeben, bestätigen sie.

Einer der Syrer sagt, er habe schon eine Wohnung, in die er ziehen kann – aber erst Ende Juli. Er sorgt sich darum, wo er bis dahin unterkommen soll. Im Leonardo bleiben wollen viele der Männer aber auch nicht mehr. Das Essen sei nicht besonders gewesen, sagen sie. Zudem seien sie angeblich nicht gut von Sicherheitsmitarbeitern behandelt worden. Vor allem aber wollen sie selber kochen und sich die Zimmer mit möglichst wenigen anderen teilen müssen.

Viele der Männer hätten daher abgelehnt, in Einrichtungen, etwa in Klingenberg und Dresden, untergebracht zu werden. Solange sich kein ansprechender Ersatz finde, wären sie im Leonardo geblieben. Um die Zukunft des Asylheims gab es immer wieder Zoff. Betreiber Pro Shelter aus Berlin hatte zuletzt betont, am Standort Freital festhalten zu wollen (SZ berichtete). Das Landratsamt hatte bekräftigt, dass es dort keine Asylbewerber mehr unterbringt.