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Familie Oueslati ist ausgereist

Die abgelehnten Asylbewerber aus Meißen leben jetzt in einem anderen EU-Land. Freunde hatten ihnen zur Flucht geraten.

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© Claudia Hübschmann

Von Ulf Mallek

Meißen. Ahmed Oueslati ist tief enttäuscht. Von Deutschland und von den regionalen Entscheidern. Seine fünfköpfige tunesische Familie gilt in Meißen als mustergültig integriert, wobei es daran zuletzt aber einige Zweifel gab. Die sächsische Härtefallkommission sollte über ihr Schicksal abschließend entscheiden. Kurz vor Weihnachten fiel der Spruch: Negativ. Die Oueslatis bleiben ausreisepflichtig.

Kein schönes Weihnachtsfest für die Flüchtlingsfamilie in Meißen-Nassau, die sich vor einiger Zeit taufen ließ. Den Jahreswechsel nutzten die Oueslatis und ihre zahlreichen Unterstützer, um über die Zukunft nachzudenken. Das Ergebnis: Die Familie Oueslati verließ am Montag Deutschland. Sie zog in ein anderes EU-Land, so Jeannette Mahlow, eine Freundin der Familie. „Sie sind nicht nach Tunesien zurückgegangen, sondern in einem anderen EU-Land untergekommen. Es geht ihnen gut.“ Vermutlich handelt es sich um Luxemburg. Nach Angaben von Frau Mahlow leben die Oueslatis in einer Asylunterkunft. Doch anders als in der ausweglosen Situation in Deutschland hätten sie jetzt zumindest wieder ein Fünkchen Hoffnung. Die Mädchen sind am Donnerstag in der Schule angemeldet worden.

Frau Mahlow hofft, dass jetzt bald wieder Normalität eintritt nach der langen Zeit der Anspannung. Mahlow: „Die Familie steht mit mir als Freundin in engem Kontakt und hat mich autorisiert, diese Infos weiterzugeben. Eine Bekanntgabe des genauen Aufenthaltsortes möchte sie momentan nicht.“ Meißner Anwohner berichten, dass die Familie schon am vergangenen Freitag mit einem weißen Transporter abgereist ist.

Wie zu hören ist, sind nicht alle Unterstützer der Familie glücklich über die Ausreise in ein anderes EU-Land. Besser wäre es aus ihrer Sicht gewesen, einen Nicht-EU-Staat zu wählen. Dort wäre der Schutz vor Abschiebung womöglich größer. Nach dem Dublin-System hat jeder Asylbewerber grundsätzlich Anspruch auf nur ein Asylverfahren in der EU. Der neue Antrag dürfte laut sächsischen Behördenangaben in Luxemburg wegen fehlender Zuständigkeit nicht bearbeitet werden. Richtigerweise müsste eine Rückführung nach Deutschland erfolgen.

Ahmed Oueslati, der als Polizist in Tunesien gearbeitet hat, schreibt auf seiner Facebook-Seite: „Ich bin wirklich enttäuscht. Sehr geehrter Herr Entscheider, immer daran denken, dass Sie nicht lange auf dem Stuhl sitzen.“

Der Chef der sächsischen Härtefallkommission Geert Mackenroth verteidigte den ablehnenden Beschluss. Ihre neun Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, so der Christdemokrat. Daran hat er sich zu halten, auch wenn er gern falsche Tatsachenbehauptungen im Netz richtigstellen würde. Die Verschwiegenheit bestehe im Interesse der Betroffenen. Maßstab für die Arbeit der Kommission ist ausschließlich das öffentliche Interesse. Den Mitgliedern lagen Unterlagen und Erkenntnisse vor, die bisher nicht öffentlich bekannt waren. Auf dieser Basis hat die Kommission entschieden. So leid es ihm für die Kinder tue: Die Entscheidung hält er für richtig. Hintergrund sind nach SZ-Informationen auch familiäre Auseinandersetzungen. Anwohner in Meißen haben von Schlägen des Mannes gegen die Ehefrau berichtet. Sie musste für einige Zeit ins Frauenhaus. Die Polizei rückte zu mehreren Einsätzen in Richtung Wohnung der Oueslatis in Meißen aus.

Die drei Kinder Hamza, Molk und Lina sowie ihre Eltern Ilhem und Ahmed lebten seit drei Jahren in Deutschland. Ilhem Oueslati war in Teilzeit für die SPD-Bundestagsabgeordnete Susann Rüthrich tätig. Sie organisierte ein Integrations-Café in Meißen. Ahmed Oueslati sollte eine Ausbildung in Meißner Hotel Burgkeller beginnen oder im Sicherheitsgewerbe arbeiten. Die Familie war in allen politischen Lagern von links und rechts beliebt, hatte viele Freunde und Helfer. Insbesondere die drei Kinder wurden auch gern privat von Meißnern eingeladen.

Die Oueslatis beschrieben auf ihrer Webseite eine neue Hoffnung: Sie wollen bis ans Ende des Regenbogens gehen. Dort wartet vielleicht ein Goldschatz auf sie.