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Fall Linda W. gibt weiter Rätsel auf

Das LKA prüft mit einer Software, ob das Foto der im Irak aufgegriffenen IS-Kämpferin die Schülerin aus Pulsnitz zeigt.

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Von Karin Schlottmann, Annette Binninger und Jana Ulbrich

Dresden. Der Aufenthalt einer sächsischen Schülerin, die vor über einem Jahr verschwunden war, ist weiter ungeklärt. Die Ermittlungsbehörden bemühten sich seit Montag mit Hochdruck darum, die Identität einer im irakischen Mossul aufgegriffenen jungen Frau aufzuklären, sagte Tom Bernhardt, Sprecher des Landeskriminalamtes Sachsen. Das LKA wollte am Dienstag unter anderem mithilfe einer Software zur Gesichtserkennung herausfinden, ob es sich bei der auf einem Foto abgebildeten Jugendlichen um die 16-jährige Linda W. aus Pulsnitz bei Kamenz handelt.

Das Foto kursiert seit einigen Tagen im Internet. Nach Medienberichten zeigt es, wie irakische Sicherheitskräfte eine ausländische Anhängerin der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Mossul aufgegriffen haben. Sie habe sich dort mit weiteren Kämpferinnen in einer Tunnelanlage versteckt. Die irakische Armee teilte unterdessen mit, unter den festgenommenen IS-Anhängerinnen seien keine Minderjährigen. Alle Frauen seien älter als 30 Jahre, sagte ein Offizier der Anti-Terror-Einheiten der Nachrichtenagentur dpa. Sie seien über die syrische Stadt Al-Rakka nach Mossul gekommen und würden weiter befragt.

Linda W. gilt seit ihrem Verschwinden als verschollen. Die sächsische Schülerin hatte sich nach Angaben von Freunden offenbar im Internet radikalisiert, war zum Islam konvertiert und im Sommer 2016 nach Istanbul geflogen und weiter nach Syrien gereist. Dort soll sich das Mädchen dem IS angeschlossen haben.

Die Eltern hatten Linda W. kurz nach ihrem Verschwinden als vermisst gemeldet.Am 1. Juli 2016 setzte sie sich in die Türkei ab, wo sich ihre Spur verliert. Angeblich wollte sie über die Türkei zur Terrorgruppe IS nach Syrien.

Das Auswärtige Amt in Berlin teilte am Dienstag auf SZ-Anfrage mit, es stehe mit den irakischen Behörden in Kontakt und sei bemüht, rasch substanzielle Auskünfte zu den angeblich inhaftierten Personen zu erhalten. „Wenn es sich tatsächlich um deutsche Staatsangehörige handeln sollte, so wird ihnen konsularischer Beistand angeboten werden“, sagte eine Sprecherin.

Linda W.’s Eltern waren am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Sie seien „in der Sache unterwegs“, teilte eine Angehörige in Pulsnitz mit. Die Familie wird zurzeit von Hayat betreut, einer Beratungsstelle für Angehörige von Personen, die sich salafistisch radikalisiert oder sich dem militanten Dschihadismus angeschlossen haben.

Einen Haftbefehl gegen die 16-Jährige gibt es bisher nicht, da der Justiz keine Erkenntnisse vorliegen, ob sie tatsächlich in den Irak oder nach Syrien gereist ist. Sollte sich bestätigen, dass das Mädchen für den IS tätig war, würde der Generalbundesanwalt in Karlsruhe die Ermittlungen übernehmen. Bisher ermittelte die Staatsanwaltschaft in Dresden gegen Linda W. wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, stellte die Ermittlungen ihrer Abwesenheit aber ein. Ob die irakische Regierung das Mädchen aber nach Deutschland ausliefern würde, ist gegenwärtig völlig offen.