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Extreme Böe fegt durch Weinhübel

Während es überall sonst in Sachsen eher ruhig blieb, sorgte eine Gewitterzelle über dem Görlitzer Süden in der Nacht für viele Feuerwehreinsätze. Eine Bilanz des Großalarms.

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© Danilo Dittrich

Von Ralph Schermann

Görlitz. Montagabend in Görlitz. In Königshufen verscheucht leichter Regen Elisabeth Göbel vom Balkon: „In fünf Minuten war er vorbei.“ In Rauschwalde wundert sich Ursula Lindner später: „Hier war gar nix.“ Maria Seidel bemerkt: „Das Fernseh-Signal war kurz weg.“ Andere hören Feuerwehrsirenen. Irgendwas muss da also doch sein, so kurz nach 20 Uhr. Ist es auch.

Während der Beobachter des Deutschen Wetterdienstes am Flugplatz „nicht messbar“ in der Rubrik Regen notiert und dort nur mal kurz eine Böe der Stärke 7 mit 58 km/h vorbeihuscht, ist in Weinhübel Großalarm. Ein Notruf nach dem anderen trifft in der Leitstelle ein, nach dem Löschzug der Berufsfeuerwehr fahren nach und nach auch die Freiwilligen Feuerwehren Stadtmitte, Kunnerwitz/Klein Neundorf und Hagenwerder/Tauchritz in den Görlitzer Süden. Die Feuerwehr Weinhübel sowieso, für diese ist es ein Heim-Einsatz.

Für Einsatzleiter Michael Stelzig und insgesamt 33 Feuerwehrleute mit acht Fahrzeugen gilt, eine ganze Reihe von Bäumen zu beseitigen, die ein starker Sturm entwurzelt oder umgeknickt hat. „Es war wohl nur eine extrem heftige Böe, und im Prinzip war nach drei Minuten auch all der Schaden angerichtet“, überlegt Björn Mierisch, der als Bereitschaftsdienst der Feuerwehr-Führung mit nach Weinhübel eilt: „Das zog sich hier wie eine Schneise durch den Görlitzer Stadtteil, vor allem in Richtung der Fritz-Heckert-Straße.“

Für Lothar Rücker von der Wetterwarte sind solche lokal begrenzten Unwetter nicht ungewöhnlich. „Es war eine isolierte Gewitterzelle, ein kleines Wärmegewitter, das südlich an der Wetterstation vorbei entlangzog“, erklärt er. Solche eng lokalisierten Ereignisse ziehen durchaus enorme Windkräfte mit sich. Zudem prasselt der Regen in Weinhübel kräftig. Im Eckhaus Zittauer- und Johannes-R.-Becher-Straße wird es schlagartig sehr nass. Dort hat der Kurzzeit-Sturm große Flächen des Daches abgedeckt. Auch berichten Anwohner von einem Blitzeinschlag mitten auf den Neißewiesen – nicht zu verwechseln mit dem neuen Tempo-Blitzer an der Friedrich-Engels-Straße, der auch während der Arbeiten der Feuerwehr immer wieder bei zu schnellen Autofahrern auslöst. „Da hat die Stadt bald das Geld für ein neues Feuerwehrauto zusammen“, scherzt eine der gleich nach dem Regen auftauchenden Schaulustigen.

Von den überwiegenden Einsätzen in Privatgrundstücken bekommen sie freilich weniger mit. Dort fällt von den mehreren umgedrückten Bäumen einer auf einen Gas-Tank und deformiert den Hauptschieber so, dass er auch von den Feuerwehrleuten nicht gleich wieder geschlossen werden kann. Zum Glück gibt es keine Verletzten. Auch ein auf den Fahrdraht der Straßenbahn geschleuderter starker Ast ist schnell beseitigt. „Die Straßenbahnen können ohne Einschränkungen fahren“, bestätigt Norbert Weigt von der Verkehrsgesellschaft. Auf den Gleisen der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft liegende kleine Baumkronen und Äste kann das Bahnpersonal selbst beräumen. „Es gab eine kurze Verzögerung, aber keinen Zugausfall“, informiert Ralf Zumbrägel von der für Bahnsicherheit mit zuständigen Ludwigsdorfer Bundespolizei. „Dennoch haben Feuerwehrleute die Strecke noch mit abgesucht“, ergänzt Björn Mierisch.

Im Stadtgebiet nimmt sich der Sturm dann zusammen. Lediglich vom Hainwald wird ein herabgefallenes Geländer gemeldet. Blaulichtgewimmel am Waggonbau dagegen entpuppt sich als polizeilich begleiteter Schwerlasttransport. Und für die Nacht zum Mittwoch kündigt der Wetterdienst weitere Gewitter und kräftig auffrischenden Wind an …