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Erzgebirge setzt auf eigene Jobbörse im Internet

Der Erzgebirgskreis hat sachsenweit eine der höchsten Industriedichten und derzeit die niedrigste Arbeitslosenquote. Doch immer mehr Unternehmen suchen händeringend nach Mitarbeitern.

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Claudia Drescher

Elterlein. Die Wirtschaft im Erzgebirge brummt, doch es fehlen Mitarbeiter: Um Pendler und potenzielle Heimkehrer zurückzugewinnen, setzt die Wirtschaft im Erzgebirge auf ein eigenes Fachkräfteportal, das jetzt vollständig überarbeitet wurde. „Uns fehlen Fachkräfte an allen Ecken und Enden“, sagte Matthias Lißke von der Wirtschaftsförderung Erzgebirge am Montag in Elterlein.

Aktuell würden auf dem Onlineportal 800 offene Stellen und Ausbildungsplätze angeboten. Rund 250 Unternehmen nutzen demnach die Plattform, die im Durchschnitt täglich von 1 500 Menschen angeklickt wird. Über die 2008 gestartete Jobbörse wurden Lißke zufolge bislang knapp 6 000 Arbeitsplätze vermittelt. Vor allem für kleinere Mittelständler oder Handwerksbetriebe sei das Portal ein wichtiger Kanal, um neue Mitarbeiter zu gewinnen.

Mit der Optimierung könnten sich Jobsuchende nun beispielsweise per E-Mail benachrichtigen lassen, wenn eine neue Stelle eingestellt werde, die ihren Suchkriterien entspreche. Die Internetseite ist ein Projekt der Fachkräfteallianz Erzgebirge, ein Zusammenschluss aus zwölf Institutionen von der Arbeitsagentur bis zur Kreishandwerkerschaft.

Jürgen Arendt gehört zu den Unternehmern, die regelmäßig über das Fachkräfteportal nach neuen Mitarbeitern suchen. Bis vor zwei oder drei Jahren seien pro Monat im Schnitt zehn Bewerbungen in seiner Spedition eingegangen. „Heute gehen wir auf die Leute zu und fahren auswärts zum Vorstellungstermin“, berichtet der 56-Jährige. Das Logistikunternehmen mit 100 Mitarbeitern suche derzeit Kraftfahrer und Staplerfahrer, aber auch Mechatroniker. „Dass sich der Arbeitsmarkt so dreht, habe ich auch viel zu spät erkannt, das gebe ich zu“, sagt Arendt. Allein 2017 gehen drei Angestellte in Rente, Ersatz habe er bislang keinen.

Der Erzgebirgskreis mit rund 350 000 Einwohnern hat laut Arbeitsagentur mit derzeit 5,8 Prozent die niedrigste Arbeitslosenquote im Freistaat. Vor zehn Jahren war noch rund jeder vierte Erzgebirger arbeitslos. „Seit 2012 gibt es statistisch gesehen mehr Berufsaussteiger als -einsteiger“, sagt Jan Kammerl, der das Fachkräfteportal betreut. Die Region könne ausscheidende Arbeitskräfte inzwischen nicht mehr aus eigener Kraft ersetzen, sondern sei zwingend auf Zuzug angewiesen.

Daher schickt die Wirtschaftsförderung das Fachkräfteportal zusammen mit Spediteur Arendt und einem regionalen Busunternehmen auf Werbefahrt quer durch Deutschland: „Jobs im Erzgebirge“ und „Jobs in der Heimat“ versprechen zwei große Schriftzüge auf Laster und Bus. „Das Erzgebirge steht besser da als viele denken - wir müssen ein anderes Bild in die Köpfe der Menschen bekommen“, so Kammerl.

Zwar könnten die Gehälter in der Region noch nicht mit den alten Bundesländern mithalten, aber der Lohndruck sei da und das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Die Unternehmen hätten keine andere Wahl, als neuen Arbeitnehmern etwas zu bieten. „Es darf schließlich nicht sein, dass die Entwicklung stehen bleibt, weil die Betriebe keine Mitarbeiter finden“, ergänzt Lißke.

Mit 4 900 Betrieben gilt das Erzgebirge als sächsischer Spitzenreiter in Sachen Industrie - jeder dritte Arbeitsplatz entfällt demnach auf das produzierende Gewerbe. Sachsenweit ist es jeder fünfte. (dpa)