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Endlich Frieden um die Friedensburg?

Das Oberverwaltungsgericht hat den Bebauungsplan der Stadt Radebeul gekippt. Diese prüft, ob sie einen neuen Anlauf startet.

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© Arvid Müller

Von Sven Görner

Radebeul. Zwei Monate sind seit dem Urteilsspruch des 1. Senats des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts in Bautzen vergangen. Am 27. Juli hatten die Richter entschieden, dass der Bebauungsplan der Stadt Radebeul zur Friedensburg unwirksam ist. Geklagt hatte Oliver Kreider, der Eigentümer der Edelimmobilie.

Während Stadtverwaltung und Stadtrat mit dem Bebauungsplan erreichen wollten, dass der prägende Gebäudekomplex über den Niederlößnitzer Weinbergen wie in der Vergangenheit wieder für Gastronomie genutzt wird – und zwar ausschließlich – hat Oliver Kreider andere Pläne. Er will dort luxuriöses Wohnen für gut Betuchte verwirklichen.

Eine Revision gegen sein Urteil ließ der Senat nicht zu. Allerdings könnte die Stadt gegen die Nichtzulassung Widerspruch einlegen. Ob Radebeul sich dazu entschließt und wie es überhaupt in dieser sich seit gut zehn Jahren hinziehenden Sache weitergehen soll, darüber wollte die Stadt entscheiden, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. So die Aussage des Radebeuler Oberbürgermeisters Bert Wendsche (parteilos) am Tag nach der Urteilsverkündung.

Seit Donnerstagmittag liegt der mehr als 30-seitige Schriftsatz nun auf seinem Schreibtisch. „Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, mich damit eingehend zu beschäftigen“, sagt der Rathauschef auf Nachfrage der SZ. Wendsche verweist allerdings auf eine Notiz des Anwalts der Stadt. „Das Gericht hat demnach ausdrücklich in den Raum gestellt, dass eine Fehlerheilung durch einen neuen Stadtratsbeschluss möglich sei.“

Dazu muss jedoch ergänzt werden, dass der Senat sich auf die ausdrückliche Bitte der Beteiligten dazu geäußert hat. Denn sowohl die Stadt als auch der Eigentümer der Friedensburg hatte sich von dem Urteil eigentlich eine abschließende Entscheidung in ihrem Rechtsstreit erhofft. Doch die gibt es nach wie vor nicht.

Denn ihre Entscheidung machten die Richter weder an der Frage fest, ob ein solcher Bebauungsplan im konkreten Fall überhaupt zulässig ist, noch ob sich in der Friedensburg eine Gaststätte wirtschaftlich betreiben lässt.

Ein Grund für die Unwirksamkeit des Friedensburg-Bebauungsplans ist nach dem Urteil der Richter des Oberverwaltungsgerichts ein Verfahrensverstoß. So hatte die Stadt auf die Stellungnahme der Polizeidirektion Oberes Elbtal – Osterzgebirge reagiert und nachträglich in den Bebauungsplan aufgenommen, dass ein Parkplatzkonzept im Rahmen der Bauantragsstellung vorzulegen ist. Aus Sicht der Richter bezog sich die Stellungnahme der Polizei allerdings nicht auf bauordnungsrechtliche Verpflichtungen, sondern vielmehr auf allgemeine verkehrstechnische und verkehrsorganisatorische Belange sowie auf das Freihalten von Rettungswegen zu der mit Autos nur über eine kleine Stichstraße erreichbaren Friedensburg mit den dort deutlich eingeschränkten Park- und Wendemöglichkeiten. Diese Änderung hätte eine erneute öffentliche Auslegung erfordert, urteilten die Richter.

Zudem bemängeln die Richter, dass die Stadt das Konfliktbewältigungsgebot verletzt habe. Bei der Aufstellung von Begleitplänen müssen die Gemeinden die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander abwägen. Der Senat sieht dieses Gebot unter anderem dadurch verletzt, weil das mit Kraftfahrzeugen nur über die Obere Burgstraße erreichbare und im Landschaftsschutzgebiet gelegene Plangebiet mit seiner lagebedingt begrenzten Stellplatzkapazität – selbst unter Berücksichtigung zusätzlicher Parkmöglichkeiten rechts und links der Zufahrtsstraße – nicht zur Bewältigung der in wärmeren Monaten sowie an Wochenenden und Feiertagen zu erwartenden Nachfragespitzen und des damit verbundenen Zielverkehrs innerhalb und außerhalb des Landschaftsschutzgebiets ausgelegt ist. Bei dieser Beurteilung legten die Richter die mit dem Gutachten der Stadt vorgelegten Zahlen zugrunde. Während das vom Gericht bestellte Gutachten von 75 Plätzen ausgeht, mit dem Ergebnis, dass sich diese nicht wirtschaftlich betreiben lassen, hielt die Stadt mit einem eigenen Gutachten rund 140 Plätze dagegen.

Nach Ansicht der Richter kommt den verkehrstechnischen und Stellplatzfragen im Zusammenhang mit der von der Stadt festgeschriebenen gastronomischen Nutzung allerdings eine besondere Rolle zu. Denn zur Vermeidung einer dauerhaften Unrentabilität wäre eine Gaststätte in der Friedensburg auf ausreichend Parkmöglichkeiten auch in den Spitzenzeiten angewiesen.

Die Stadt will die schriftliche Urteilsbegründung jetzt eingehend mit ihrem Anwalt prüfen. „Danach werden wir in den Gremien beraten. Letztlich muss der Stadtrat entscheiden, wie es weitergeht“, sagt der OB.

Mögliche Optionen wäre, das Urteil anzufechten und dafür Widerspruch gegen die Nichtzulassung der Revision einzulegen. Oder einen neuen Bebauungsplan aufzustellen. Allerdings hat das Gericht auch die bestehenden erheblichen Schwierigkeiten für einen solchen Schritt deutlich aufgezeigt. Mit Blick auf die bisherigen Verfahrensausgaben der Stadt von rund 200 000 Euro und die Gefahr eines erneuten jahrelangen Rechtsstreits, könnte der Stadtrat auch entscheiden, nicht länger an dem Ziel festzuhalten, vom Eigentümer eine gastronomische Nutzung zu fordern.