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Ende mit Schrecken

Die Meißner DRK-Rettungsassistenten haben endlich Gewissheit über ihre Zukunft. Doch sie sagen: Wir sind und bleiben die Verlierer.

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© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Neuanfang für die Mitarbeiter des Rettungsdienstes Meißen: „Alle werden übernommen, es verliert niemand seinen Job“, berichtet ein Rettungsassistent gegenüber der SZ nach einer internen Informationsveranstaltung vom vergangenen Mittwoch. „Darüber sind wir überglücklich und auch optimistisch, dass wir mit dem neuen Arbeitgeber auch neu anfangen können.“

Hygiene ist „gleich null“

Die Mitarbeiter wechseln zu den Maltesern in Meißen und Coswig, in Radebeul und Moritzburg zu den Johannitern. Diese beiden Organisationen übernehmen ab 1. Februar die Aufgaben des Rettungsdienstes in den genannten Orten. Laut Landkreissprecherin Kerstin Thöns sind die Verträge bereits unterschrieben, nach SZ-Information gab es erste Personalgespräche.

Die Euphorie über den Neuanfang hielt allerdings nicht lange. Nur wenige Tage nach der Mitteilung der Übernahme berichten DRK-Mitarbeiter, dass ihre Dienstjahre wider Erwarten nicht voll anerkannt werden. „Viele müssten in der Lohntabelle viel weiter oben eingruppiert werden“, heißt es. „Keiner erkennt unsere Arbeit an. Wir sind und bleiben die Verlierer.“

In Meißen kommt für die Retter noch ein weiteres Problem hinzu: die schlechten Bedingungen auf der Wache, die gerade umgebaut wird. Mitarbeiter sprechen von einer unfertigen Treppe, von Fenstern, die sich nicht öffnen lassen und fehlendem Winterdienst. Hygiene sei „gleich null“: Medizin-Produkte, die mehrfach verwendet werden dürfen, ließen sich nur notdürftig desinfizieren, da eine richtige Desinfektionsstrecke fehle. Auch das Waschen und Desinfizieren der Einsatzfahrzeuge sei nicht uneingeschränkt möglich.

Pressesprecher Torsten Wieland vom DRK-Landesverband Sachsen räumt die Probleme in Meißen auf SZ-Nachfrage ein, es seien dringend Verbesserungen der Arbeitsbedingungen für die Rettungsassistenten und Rettungssanitäter erforderlich. „Unsere Gesellschaft konnte hier leider nur wenig Einfluss nehmen, da sie weder Eigentümer noch direkter Mieter von Rettungswachen ist.“ Alle notwendigen Veränderungen seien aber dem Landkreis Meißen angezeigt worden. „Leider konnte zu den Mängeln bislang keine Abhilfe geschaffen werden“, so Wieland. Die schlechten Arbeitsbedingungen in Meißen bewegten den Landesverband sehr. „Bis zum aktuellen Tag bestimmen Fragen zur Umsetzung von Verbesserungen die Gespräche mit dem Rettungsdienstträger.“

Dank an Riesa und Großenhain

In Schkeuditz und Taucha, wo die Meißner Retter auch im Einsatz sind, seien vom Landkreis Nordsachsen „für die Rettungswachen gut geeignete und ausgestattete Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt worden“. Auch dieser Landkreis beendete – genau wie Meißen – den Vertrag mit dem DRK vorzeitig zum Monatsende.

Wie es überhaupt so weit kommen konnte, erklärt Torsten Wieland vom DRK-Landesverband so: „Die Entwicklung der personellen Situation war im Jahr 2013 in dieser Dimension für die Gesellschaft nicht vorhersehbar.“ Daraus seien „sehr hohe Aufwendungen“ resultiert. „Diese unvorhersehbare Sondersituation konnte im Rahmen des bestehenden Vertrages trotz intensiver Verhandlungen mit dem Landkreis Meißen leider nicht mehr ausgeglichen werden“, so Wieland.

Warum die akuten Probleme, wie es sie beim Rettungsdienst Meißen gibt, in Riesa oder Großenhain nicht bestehen, erklärt das noch nicht. Dort wird das DRK auch weiterhin für den Rettungsdienst zuständig bleiben, Pressesprecher Torsten Wieland bedankt sich für das „gute Miteinander“: „Die Kollegen aus Riesa und Großenhain haben uns mehr als einmal geholfen und uns im Bereich Meißen unterstützt, wie es unter guten Nachbarn üblich ist.“

Insider sagen, die Probleme in Meißen seien hausgemacht. In Großenhain und Riesa würden unbesetzte Stellen gleich nachbesetzt. Auch Weiterbildungen würden nicht wie in Meißen schleifen gelassen. „Bei uns gab es schon ewig keine Pflichtweiterbildung“, kritisieren Rettungsassistenten. „Eigentlich dürften wir gar nicht mehr auf dem Rettungswagen sitzen.“

Der Rettungsdienst Meißen ist seit 2014 für die Notfallrettung und für Krankentransporte im Kreis zuständig. Bis Anfang 2014 hatte sich das DRK mit den Johannitern und dem Arbeiter-Samariter-Bund den Rettungsdienst geteilt. Durch neue Ausschreibungsrichtlinien mussten sich die Hilfsorganisationen danach für den Rettungsdienst bewerben. Zuletzt kritisierte die Gewerkschaft Verdi diese Ausschreibepraxis, da sie zu Lohndumping führe.