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Ende einer Verfolgungsjagd

Als die Polizei einen Lkw-Fahrer in Gröditz stoppen will, tritt der aufs Gas. Auf der Flucht gefährdet er gleich mehrere Menschenleben.

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© Sebastian Schultz

Von Stefan Lehmann

Gröditz. Der Aufwand, den die Polizei am 27. Juni bei der Jagd nach einem flüchtigen Lkw-Fahrer betreibt, ist enorm: Streifenwagen der Reviere Großenhain und Riesa stehen quer auf der Straße, unterstützt werden sie auch von Beamten aus Brandenburg. Später am Morgen steigt auch noch ein Hubschrauber auf. Währenddessen verfolgt ein Polizeifahrzeug den flüchtigen Lkw. Der Aufwand nützt am Ende nichts: In der Gohrischheide verlieren die Polizeibeamten die Spur des Lkws Daimler Benz.

Die Verfolgungsjagd beginnt gegen 10.45 Uhr in Gröditz. „Wir kamen gerade aus der Mozartallee, als vor uns der Lkw über die Kreuzung fuhr“, erinnert sich der Polizist, der an diesem Tag am Steuer des Streifenwagens sitzt. Der 27-Jährige erkennt das polnische Kennzeichen und weiß: Der Wagen gehört einem Gröditzer, der mit Haftbefehl gesucht wird, weil er eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen soll. Die Beamten folgen dem Lkw in eine Sackgasse bis zum Wendehammer. „Meine Kollegin war gerade ausgestiegen, da fuhr er wieder los“, sagt der Polizeibeamte.

Radfahrer rettet sich per Sprung

Mit Blaulicht und Martinshorn folgt die Polizeistreife dem Klein-Lkw quer durchs Gröditzer Umland. Wainsdorf, Prösen und Stolzenhain sind einige der Stationen, über die die Jagd geht. „Teilweise fuhr er auch querfeldein, um von einem Feldweg auf den nächsten zu gelangen“, erklärt der Polizist. Mindestens einmal riskiert der Fahrer dabei nicht nur seine Gesundheit und die der Beamten, sondern auch die eines völlig Unbeteiligten: „Am Kanal in Gröditz kam uns ein Radfahrer entgegen“, erinnert sich der Polizist. „Der Mann musste aufs Feld springen.“ Auch seine Kollegin, die damals auf der Beifahrerseite sitzt, sagt, der Lkw-Fahrer sei „ohne Rücksicht auf Verluste“ unterwegs gewesen.

Gleich mehrfach versuchen die Polizisten, den Verfolgten zu überholen. „Unser Ziel war es, ihn auszubremsen“, erklärt die 45-jährige Beamtin. Aber immer, wenn der Streifenwagen zum Überholen ansetzt, schert der Lkw nach links aus. Auch die Funkstreifenwagen der Kollegen aus Großenhain und dem Elbe-Elster-Kreis umfährt der Wagen einfach – teilweise, indem er über den Gehweg fährt.

Zwischen Kröbeln und Nieska kommt es um ein Haar zum Unfall, berichtet die Polizistin. „Wir waren schon zur Hälfte an ihm vorbei, als er nach links zog.“ Nur mit einer starken Bremsung habe ihr Kollege verhindern können, dass es zur Kollision kommt. Bei Nieska schließlich biegt der Lkw auf einen Feldweg Richtung Gohrischheide ein. „Wir sind ihm noch zwei, drei Minuten gefolgt“, sagt der Polizeiobermeister. Aber auf den schlechten Wegen kommt der Wagen offenbar schlechter voran als der Lkw. Zumal sich die Beamten in dem Gebiet nicht gut genug auskennen. Den Gesuchten erwischt die Polizei trotzdem, nur einen Tag später, im Haus seiner Mutter. Dort wird auch der Lkw gefunden.

Der 44-Jährige steht nun wegen Nötigung und Gefährdung des Straßenverkehrs vor Gericht. Dort bestreitet er, zur besagten Zeit mit dem Lkw gefahren zu sein – auch, wenn die Polizistin ihn zu Beginn der Verfolgungsfahrt zweifelsfrei erkannt haben will. „Die schwindeln ja sowieso“, erklärt der Mann. Ohnehin scheint der Mann mit Justiz und Polizei auf Kriegsfuß zu stehen.

Die Beamten, die ihn einen Tag nach der Verfolgungsjagd verhaftet haben, hat er angezeigt – wegen Körperverletzung. Das Verfahren dazu läuft noch. In jedem Fall sei es unmöglich, dass er kurz vor 11 Uhr überhaupt im Lkw gesessen habe. Er habe auch einen Zeugen, der ihm ein Alibi verschaffen kann. Der soll bei einem zweiten Verhandlungstermin zu Wort kommen. Wann das Verfahren fortgesetzt wird, steht allerdings noch nicht fest.