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Ein Reh im Garten

Seit Kurzem hat eine Großenhainer Familie tierische Mitbewohner. Nicht ohne Probleme, selbst die Feuerwehr war da.

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© privat

Von Catharina Karlshaus

Großenhain. Ein bisschen kommen sie sich vor wie im falschen Film. Oder warten zumindest auf jenen befreienden Moment, in dem der Moderator der Fernsehsendung „Verstehen Sie Spaß“ an ihrer Haustür klingelt. Immerhin: Heute vor einer Woche befanden sich Christine und Peter Tribulowski noch im Urlaub. Im Tausende von Kilometer entfernten Südafrika erfreuten sich die Großenhainer an der Beobachtung von all jenen Tieren, die es sonst nur im Zoo zu bestaunen gibt: Leoparden, Giraffen und Zebras. Tierische Erlebnisse, so weit das Auge reichte.

Und dann ausgerechnet das. Bei ihrer Rückkehr am Donnerstag traute Familie Tribulowski ihren Augen kaum. In das Grundstück, welches die Rentner 1953 bezogen haben und wohin sich bis jetzt höchstens mal ein paar Hasen verirrten, hatte sich zwischenzeitlich jemand anderer einquartiert. „Meine Frau war beim Koffer auspacken, als sie zufällig aus dem Fenster schaute. Und da spazierten doch glatt drei Rehe durch den Garten“, erzählt Peter Tribulowski und lacht. Geradewegs durch das viertausend Quadratmeter große Areal, das doch eigentlich gut umzäunt ist und inmitten eines dicht bebauten Wohngebietes auf der Heinrich-Zille-Straße liegt. Wie die Tiere sich zu ihrem neuen Domizil überhaupt Zutritt verschafft haben, kann sich der 75- Jährige nicht erklären.

Während sich das unfreiwillige Zusammenleben bis zum Wochenende problemlos gestaltete, passierte am Sonnabend dann ein kleines Unglück. Von der fünfköpfigen Wohngemeinschaft blieben am Ende gar nur noch vier übrig. Was war passiert? „Ich war im Wohnzimmer und sah plötzlich, wie auf der Straße ein Reh entlang lief! Also rannte ich gleich raus und schlich mich vorsichtig hinterher. Trotzdem hat mich das Tier wohl bemerkt“, vermutet Peter Tribulowski. Wie es angesichts des Eisenzauns überhaupt aus dem Grundstück herausgekommen ist? Auch darüber rätselt der Röderstädter noch immer nach.

Eine Barriere, die dem von Natur aus scheuen Vierbeiner jedoch zum Verhängnis werden sollte. In seiner Panik versuchte es, ausgerechnet in Richtung Garteninneres durch den Zaun zu flüchten. Ein schwerer Fehler – das verängstigte Tier blieb mit dem Körper drin stecken. „In meiner Not rief ich sofort unseren Stadtjäger an. Da er zu dieser Zeit selbst auf dem Ansitz im Wald saß, alarmierte ich schließlich die Polizei“, so Peter Tribulowski.

Die Großenhainer Beamten seien auch in Nullkommanichts angerückt, um schließlich die Kameraden der Feuerwehr zu Hilfe zu holen. Innerhalb weniger Minuten gelang es den Männern, das Tier zu befreien, welches sofort die Gelegenheit nutzte und in Richtung Kupferbergstraße auf und davonlief.

Zurückgeblieben sind indes seine zwei Gefährten. Sie tummeln sich noch immer im Tribulowskischen Garten, spazieren abends geruhsam am Teich entlang und scheinen selbst offenbar gar nicht darüber nachzudenken, ihr ungewöhnliches Notquartier wieder verlassen zu wollen. Konnten die Südafrika-Reisenden bis vor wenigen Tagen also noch exotische Tiere aus der Nähe betrachten, leben sie unverhoffterweise Zuhause gleich mit zwei Einheimischen zusammen.

Allerdings: Auf Dauer sollte diese ungewöhnliche Wohngemeinschaft nun nicht ausgerichtet sein. „Der Stadtjäger hat mir geraten, wir sollten es möglichst etwas unruhig werden lassen, sonst würden sich die Tiere zu sehr wohlfühlen.“ Damit sie für den Fall des Falles ihre selbst gewählte Ferienoase gen Wald wieder verlassen können, sei extra ein Tor geöffnet worden. Ob die Rehe diesen dezenten Hinweis Richtung Freiheit verstehen?