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Ein Mindestmaß an Größe

Manchmal entscheiden zwei oder drei Zentimeter über die Zukunft. Polizisten und Feuerwehrleute in Sachsen müssen sich an ihrer Länge messen lassen. Die Linken wollen das ändern.

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© dpa

Von Linda Barthel

Wenn es um die berufliche Laufbahn geht, können manchmal zwei oder drei Zentimeter über die Zukunft entscheiden. Bei einigen Berufen zählen nämlich nicht nur Teamfähigkeit oder Kompetenz, sondern auch das, was das Maßband zeigt.

Das gilt in Sachsen zum Beispiel für angehende Polizisten und Feuerwehrmänner. Unter 1,60 Meter geht hier nichts, während man in den meisten anderen Berufen kein Mindestmaß an Größe vorweisen muss. Ob der Kassierer aus dem benachbarten Supermarkt 1,52 oder 2,10 Meter groß ist, interessiert keinen.

Zur sächsischen Polizei dürfen dagegen nur Frauen und Männer, die mindestens 1,60 Meter messen. Wer kleiner ist, wird nicht einmal zum Auswahlverfahren zugelassen. So steht es in der Antwort von Innenminister Markus Ulbig (CDU) auf eine Anfrage des Linken-Politikers Horst Wehner. Er wollte sich über die derzeitige Rechtslage bei Körpergrößen als berufliche Zulassungsvoraussetzungen in Sachsen informieren. „Mindestgrößen benachteiligen Frauen in Bewerbungsverfahren, weil diese im Durchschnitt kleiner sind als Männer“, sagt Wehner. „Wir wollen diese überflüssigen Regeln abschaffen, weil die körperliche Eignung sowieso in separaten Tests geprüft wird.“

2013 hatten die Linken im Landtag bereits einen Antrag eingereicht und gefordert, die Mindestkörpergrößen ersatzlos zu streichen. Die Initiative schlug fehl – doch die Ablehnung blieb.

Entschädigung von der Lufthansa

Öffentlich diskutiert wurde das Thema jüngst wieder durch die Lufthansa. Die Fluggesellschaft hatte einer Bewerberin den Ausbildungsplatz verweigert, weil sie kleiner als 1,65 Meter ist. Lufthansa argumentierte damit, dass Piloten auch in Extremsituationen schnell alle Schalter und Hebel erreichen müssen. Am Ende saß die abgewiesene Bewerberin am längeren Hebel: Sie klagte und bekam 14 000 Euro Entschädigung von der Lufthansa gezahlt.

Nicht nur bei der sächsischen Polizei, sondern auch bei den Feuerwehren gibt es eine geforderte Mindestgröße. Das Maß von 1,65 Meter ist Zulassungsvoraussetzung für den Vorbereitungsdienst. Nur in Ausnahmefällen – und natürlich bei der Freiwilligen Feuerwehr – wird davon abgewichen. Laut sächsischem Innenministerium entscheidet die Einstellungsbehörde, sprich die Gemeinde, ob die Bewerbung an der Körpergröße scheitert oder nicht.

Die Mindestgrößen seien festgelegt worden, damit die künftigen Polizisten und Feuerwehrmänner den körperlichen Anforderungen und Einsatzbedingungen des Berufs gewachsen seien, heißt es aus dem Innenministerium. Die Maße dienten daher auch dem „Gesundheitsschutz der Bewerber“. Eine Änderung oder Aufhebung sei nicht vorgesehen.

„Die gute Nachwuchsarbeit der sächsischen Feuerwehren darf nicht durch derartige Beschränkungen erschwert werden“, sagt dagegen Horst Wehner. Zumindest sollte die Grenze bei der Feuerwehr von 165 auf 160 Zentimeter abgesenkt werden – wie bei den Polizisten bereits Anfang vergangenen Jahres geschehen. Grund waren die sinkenden Schülerzahlen und der gestiegene Konkurrenzdruck. Denn sowohl der Bund als auch die Länder buhlen um geeignete Bewerber für den Polizeivollzugsdienst. Laut Innenministerium hat der Freistaat die Mindestgröße deshalb auf das in anderen Bundesländern geltende Maß herabgesenkt.

Die Länder sind sich jedoch uneinig. In Thüringen müssen die angehenden Polizisten beispielsweise mindestens 1,63 Meter groß sein. Bremen verzichtet dagegen komplett auf eine bestimmte Körpergröße als Zulassungsvoraussetzung.

In Nordrhein-Westfalen hat ein Gericht die Mindestgrößen-Regelung erst vor wenigen Wochen gekippt. Ein Bewerber war zuvor abgelehnt worden, weil er das geforderte Maß von 1,68 Meter um zwei Zentimeter verfehlte. Er klagte und bekam vor dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen recht. Die Grenze sei willkürlich.

Übrigens kommt es nicht nur auf die Größe an. Ebenso entscheidend ist, was die Waage zeigt. Angehende Polizisten müssen einen bestimmten Body-Mass-Index haben. Der BMI setzt Körpergröße und Gewicht in Relation. Bei Werten unter 18 und über 27,5 geht nichts.