Merken

Ein Mann dreht durch

Sturzbetrunken hatte sich ein 47-Jähriger mit Waffen in seinem Haus verschanzt. 130 Polizisten rückten an. Doch der Täter mag sich an nichts erinnern

Teilen
Folgen
NEU!
© Brühl

Von Birgit Ulbricht

Er sei erst in der Uniklinik Dresden zu sich gekommen, festgeschnallt und schwer verletzt. Was vorher passiert ist, hat Ronny B. dann in den Akten seines Anwalts gelesen. Auch an den Tagen vor jenem unglücklichen Ereignis im Mai habe der 47-Jährige schon starke Gedächtnislücken gehabt, sagte er beim Prozessauftakt vor dem Dresdner Amtsgericht. Schon da wirkte er äußerst abgeklärt, als wolle er die Sache schnell hinter sich bringen.

Nun, fünf Monate nachdem er sich mit Waffen auf einem Grundstück verschanzt hatte, ist der Täter zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Die Richter sahen Nötigung, unerlaubtes Führen einer Schusswaffe und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte als erwiesen an, gingen aber von eingeschränkter Schuldfähigkeit aus.

Wegen eines schweren Drogen- und Alkoholproblems soll der mehrfach vorbestrafte Mann auch in einer Entziehungsanstalt untergebracht werden. Zudem muss er nun zusätzlich die vier Jahre Reststrafe wegen früherer Verurteilungen, unter anderem wegen Mordes, absitzen. Das Urteil ist rechtskräftig, der Angeklagte stimmte noch im Saal zu.

Mit Armbrust bedroht

Der Großenhainer hatte im Mai in einem Ortsteil von Lampertswalde seinen Schwager und dessen Sohn um Starthilfe für sein Auto gebeten. Als diese sich angesichts seines betrunkenen Zustands weigerten, verschanzte sich der Arbeitslose mit Armbrust, Luftgewehr und Schreckschusspistole auf dem Grundstück. Die Verwandten alarmierten die Polizei, rund 130 Beamte und Hundestaffel rückten an. Alle Versuche der Kontaktaufnahme scheiterten, erst ein Spezialeinsatzkommando konnte den Mann mit einem Schuss außer Gefecht setzen. Er kam verletzt in eine Klinik und danach in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft hatte auf zwei Jahre Haft, die Verteidigung für den Entzug plädiert. Ein Gutachter hielt die Schuldfähigkeit wegen starken Alkoholeinflusses für eingeschränkt. Der Angeklagte entschuldigte sich im Prozess bei Nachbarn und Rettungskräften für sein Verhalten. Nach Angaben der Verteidigung war er sehr verzweifelt und selbstmordgefährdet. Der Mann, der schon die Hälfte seines Lebens hinter Gittern verbrachte, wird diesmal länger im Gefängnis bleiben – unter anderem wegen der Tötung einer Dealerin in den 1990er-Jahren. (mit dpa)