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Ein katastrophales Apfeljahr

Die Bäume in Gärten und auf Streuobstwiesen haben fast keine Früchte getragen. Das hat Folgen für die Keltereien.

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© SZ/Uwe Soeder

Von Nicole Preuß

Einen Vorrat an Apfelsaft hat Mario Schäplitz von der Kelterei Kühne in Reichenbach zum Glück noch aus dem vergangenen Jahr übrig. Sonst hätte die miese Apfelernte in diesem Jahr noch weitreichendere Folgen. Trotzdem befürchtet der Fachmann, dass der Apfelsaft wohl in diesem Jahr nur bis Januar reichen wird. „Der Preis wird steigen, das ist sicher. Ich rechne mit 20 Cent zusätzlich“, sagt der Geschäftsführer. Er und seine Mitarbeiter beziehen die Früchte für die Pulsnitztaler Säfte vor allem aus Kleingärten, Hausgärten oder auch von Streuobstwiesen. „Unsere Lohnkunden bringen aber vielleicht nur zehn Prozent der Apfelmenge, die sie im vergangenen Jahr abgegeben haben“, sagt er. Die schlechte Kirsch-, Beeren- und Birnen-Ernte setzt sich damit bei den Äpfeln fort.

Die Nachbarkelterei Walther aus Arnsdorf macht ähnliche Erfahrungen. Sie öffnet jedes Jahr eine große Annahmestelle in ihrem Betrieb. „Die Schlange geht dann normalerweise quer durchs Gewerbegebiet“, sagt Geschäftsführerin Kirstin Walther. Dieses Jahr hat das Unternehmen aber sogar auf die Extra-Waage verzichtet. Die Unternehmerin setzt genauso wie die Kelterei Kühne in Reichenbach auf Privatleute, die einen Teil ihrer Ernte abgeben. Sie will nun versuchen, vielleicht doch noch von einigen gewerblichen, regionalen Plantagen Äpfel zu bekommen. „Doch was man dann bekommt, ist meist sortenrein, der Saft schmeckt anders. Aus den Gärten kommen normalerweise viele verschiedene alte Sorten. Die sind schmackhaft und sehr aromatisch.“

Reinald Görner vom Obstbauverein in Steina hört das zumindest gern. Der Rentner hat selbst viele Apfelbäume auf seinem Grundstück in der Nähe von Kamenz und führt den Obstbauverein Steina mit mehr als 40 Mitgliedern. „Die Apfelernte war katastrophal“, sagt er. Er schiebt den Ausfall nicht nur auf die späten Fröste, sondern auch auf die schlechte Bestäubung.

Die meisten sind sich einig: So ein schlechtes Apfeljahr habe man selten erlebt. Dieser Meinung sind zum Teil auch die gewerblichen Erzeuger. Die Agrofarm Göda kann zum Beispiel auf acht Hektar Äpfel ernten – normalerweise. „Die Ernte ist aber in diesem Jahr sehr schlecht“, sagt die Anlagen-Verantwortliche Kathleen Walther. „Ich rechne mit einem Drittel bis einem Viertel von einer normalen Ernte.“ Zum Frost kam eine Trockenphase, in der die Bäume noch Äpfel abwarfen. Die Sorte Gala wurde besonders schlecht geerntet, weil das feuchte Wetter in dem Bestand noch eine Schorf-Infektion begünstigte.

Der Obstbauer Bernhard Stolle ist einer der wenigen, die eine durchschnittliche Apfelernte erwarten. Der Unternehmer aus Schirgiswalde hat aber auch einigen Aufwand betrieben, damit es in diesem Jahr dazu kommt. Er hat mit verschiedenen Maßnahmen versucht, die natürlichen Schwankungen in den Griff zu bekommen.

Apfelbäume bereiten im Juni die Blütenansätze fürs nächste Jahr vor. Wenn jedoch der Baum voller Äpfel hängt, wird alle Kraft in die Früchte gesteckt. Deshalb tragen Apfelbäume normalerweise ein Jahr gut und das nächste schlecht. Bernhard Stolle hat Blüten auf den 24 Hektar Anbaufläche mit Harnstoff verätzen lassen. „Wenn immer noch zu viel hängt, gibt es im Juni eine Handausdünnung“, sagt er.