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Ehrenamtliche Helfer fühlen sich im Stich gelassen

Ohne privates Engagement kann Integration nicht gelingen. Trotzdem behandelt der Staat die Helfer vielfach schlecht, sagt der Ausländerbeauftragte.

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© dpa

Von Karin Schlottmann

Dresden. Die Zeit, in der Asylbewerber in Notquartieren untergebracht werden mussten, ist vorerst vorbei. Politik, Verwaltung, Wohlfahrtsverbände und ehrenamtlich engagierte Bürger stehen nun vor der Aufgabe, die Integration der rund 40 000 Flüchtlinge in Sachsen voranzutreiben. „Wir tun gut daran, uns für diese Aufgabe auf einen längeren Zeitraum einzurichten“, sagte Geert Mackenroth, der Ausländerbeauftragte des Landtags, bei der Vorstellung seines Jahresberichts 2016. Er gehe von bis zu zehn Jahren aus. Sorgen bereite ihm unter anderem, dass das übergroße Engagement vieler freiwilliger Helfer inzwischen spürbar nachgelassen habe.

Die Behörden sind weiter auf die Arbeit ehrenamtlicher Helfer angewiesen

Ohne die vielen engagierten Privatpersonen, die sich von der ersten Stunde an um Versorgung, Kleiderspenden und Deutschunterricht gekümmert haben, wären die Behörden im Chaos versunken. Auch in Zukunft werde die Betreuung der Flüchtlinge ohne Nachbarschaftshilfe nicht gelingen. Viele Helfer hätten ihren überdurchschnittlichen Einsatz aber inzwischen spürbar zurückgefahren, weil sie sich von den Behörden im Stich gelassen fühlen, sagte Mackenroth. Sie müssten den Informationen über Ehrenamtspauschale, Versicherungsschutz und kommunalen Angeboten für Sprachkurse und Arbeitsvermittlung förmlich hinterherlaufen.

Die meisten Flüchtlinge leben inzwischen in Wohnungen

Zwei Drittel der Neubürger werden dezentral und nicht in einer der 120 Gemeinschaftsunterkünfte untergebracht. Probleme entstehen dann, wenn Asylbewerber anerkannt werden und selbst als Mieter auf Wohnungssuche gehen müssen. Viele private Vermieter haben Vorbehalte. Der Übergang von der umfassenden rechtlichen und sozialen Betreuung durch die Behörden zur Eigenständigkeit sei in vielen Landkreisen und Großstädten verbesserungswürdig, sagte Mackenroth. Für den sogenannten Heim-TÜV hat ein Projektteam im vorigen Jahr Ausländerbehörden und Sozialarbeiter befragt. Die ersten Ergebnisse und viele positive Beispiele hat Mackenroth in der Broschüre Heim-TÜV 2017 veröffentlicht.

Die Gruppe der 18- bis 27-Jährigen wird abgehängt

Da die Schulpflicht mit 18 Jahren endet, fühlt sich das Kultusministerium nicht für die Heranwachsenden zuständig. Sie benötigen besonders dringend Bildungsabschlüsse und Sprachkurse, erhalten aber keine entsprechenden Angebote. Obwohl gerade diese Generation über großes Potenzial verfüge, stünde sie auf der Straße, bemängelt der Ausländerbeauftragte. Wenigstens für die 18- bis 21-Jährigen arbeite die Regierung derzeit an einer ressortübergreifenden Lösung.

Soziale Integration bleibt eine der größten Herausforderungen

In den Interviews beschrieben Mitarbeiter der kommunalen Ausländerbehörden die Integration von Kindern aus Flüchtlingsfamilien als eine Hauptaufgabe. Es komme zunehmend zu sozialen Problemen durch Aggression und Gewalt in der Familie, hieß es. Mitarbeiter sähen sich auch herausgefordert durch eine „überzogene Erwartungshaltung einiger Flüchtlinge“ gegenüber Behörden und Gesellschaft. Verstärkt werde die Stimmung durch eine von Einzelnen empfundene Benachteiligung im Vergleich mit Flüchtlingen anderer Herkunftsländer.