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Gericht schränkt Flüchtlingsstatus für Syrer ein

Wer aus Furcht vor dem Militärdienst in Syrien flieht, muss sich mit subsidiärem Schutzstatus zufrieden geben.

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© Symbolfoto: dpa

Von Karin Schlottmann

Es war ein ungewöhnlich langer Verhandlungstag am Verwaltungsgericht Dresden. Um neun Uhr morgens rief die Vorsitzende Richterin Dunja Hasske den ersten Fall auf, um 21 Uhr verkündete sie die Urteile. Alle sechs Klagen wurden abgewiesen. Bürgerkriegsopfer aus Syrien haben danach keinen Anspruch auf Anerkennung als Flüchtlinge nach der Genfer Konvention, selbst wenn ihnen im Falle einer Rückkehr die Zwangsrekrutierung zum Militär droht.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte den Klägern nur den sogenannten subsidiären Schutzstatus zugebilligt. Er gewährt Syrern eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die verlängert werden kann. Die Betroffenen haben Zugang zum Arbeitsmarkt und Anspruch auf Sozialleistungen. Es gibt aber eine wichtige Einschränkung: Der Nachzug naher Angehöriger ist bis Frühjahr 2018 ausgesetzt. Erst dann können die Flüchtlinge entsprechende Anträge stellen.

Dagegen waren die Kläger vorgegangen. Sie waren ausgereist, weil das syrische Regime Männer im Alter zwischen 18 und 42 Jahren zum Wehrdienst verpflichtet. Eine Sachverständige, die das Gericht geladen hatte, bestätigte die Praxis. Angesichts des Bürgerkriegs würden inzwischen sogar ältere Männer rekrutiert. Der Armee werden auch Kriegsverbrechen vorgeworfen. Flüchtlinge, die sich dem Wehrdienst entzogen haben, müssten nach ihrer Rückkehr noch am Flughafen damit rechnen, eingezogen zu werden, sagte sie. Auch denjenigen, die bereits beim Militär waren, drohe Reservedienst.

Die drohende Einberufung zur Armee sei allein kein anerkannter Verfolgungsgrund, hieß es in der Urteilsbegründung. Dazu zählen laut der Genfer Flüchtlingskonvention unter anderem Rasse, Religion, politische Überzeugung, Nationalität oder die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe.

Urteile mit Signalwirkung

Auch ein Familienvater, der im Herbst 2015 mit zwei seiner Söhne nach Deutschland geflohen war, unterlag am Mittwoch mit seiner Klage gegen das Bundesamt. Der Palästinenser aus Syrien schilderte in der mündlichen Verhandlung, wie Geheimdienstler ihn und seinen Bruder verschleppt und in einem Spezialgefängnis mit brutalen Methoden gefoltert hatten. Er sei erst zwei Jahre nach seinem Gefängnisaufenthalt aus Syrien ausgereist, begründete das Gericht seine Entscheidung. Er habe nicht glaubhaft machen können, dass er weiterhin verfolgt werde. Auch die Klagen der beiden Kinder wurden abgewiesen.

„Es ist nicht so, dass wir glauben, dort ist alles wunderbar“, sagte die Vorsitzende Richterin. Es gebe in Syrien rigorose Geheimdienste, die gegen die eigene Bevölkerung vorgingen, Geiselhaft für Angehörige, Folter und Misshandlungen. Hasske: „Das wissen wir alles“. Aber auf den besonderen Flüchtlingsschutz könnten sich die Kläger nicht stützen. Sie hätten keine besondere Verfolgung geltend gemacht. Was sie in ihrer Heimat zu befürchten hätten – Verhöre und die Einberufung zum Wehrdienst – , drohe allen Flüchtlinge und nicht nur den Klägern.

Die Urteile haben Signalwirkung: Beim Verwaltungsgericht Dresden sind derzeit etwa 330 Klagen syrischer Staatsangehöriger anhängig, die den Schutzstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention begehren. Mehrere Oberverwaltungsgerichte haben die Praxis des Bundesamtes für rechtmäßig erklärt. Ein Vertreter des Bamf wies die Kritik eines Klägeranwaltes zurück. Seine Behörde entscheide nicht auf Anweisung des Bundesinnenministers, sondern prüfe die Umstände jedes einzelnen Falles.