Merken

Dresden wächst, das Umland wächst mit

Vom Boom der Landeshauptstadt profitiert auch die Region. Aber: Reicht der Platz in den Orten?

Teilen
Folgen
© Oberthür

Von Franz Werfel

Bis zum Jahr 2030 könnte Dresden von derzeit 557 000 Einwohnern auf dann 582 600 Menschen anwachsen. So sagt es die aktuelle Bevölkerungsprognose voraus. Zwölf Jahre – keine lange Zeit. Schon jetzt ist klar, dass die Städte und Dörfer im Umland von der starken Anziehungskraft der Landeshauptstadt etwas mitbekommen.

Doch wie bereiten sie sich darauf vor, dass gern mehr Menschen in die Region ziehen wollen, wo mehr Ruhe, vor allem aber günstigere Mieten und Baugrundstücke locken? Wenn kleinere Orte wachsen, bringt das viele Herausforderungen mit sich. Wird der Platz reichen? Die SZ hat sich bei acht Anrainergemeinden umgehört. Ein Überblick.

1) Wilsdruffmit aktuell 14 380 Einwohnern hat stark von der Entwicklung in Dresden profitiert. Zählt man alle Umzüge zwischen den beiden Städten seit 2014 zusammen, ergibt sich ein Plus von 321 Personen für Wilsdruff. Die Stadt gewinnt aber nicht nur, was den direkten Zuzug angeht. Ins prosperierende Gewerbegebiet sind in den vergangenen Jahren immer mehr Firmen gezogen. Das macht die Stadt auch für Menschen aus anderen Regionen interessant, die die Nähe zum Arbeitsort schätzen.

Bis 2030 rechnet Bürgermeister Ralf Rother (CDU) mit bis zu 400 neuen Bürgern. Dafür sind bereits 26 Hektar Wohnbauflächen ausgewiesen. Mit dem Bau des Gymnasiums hat die Stadt einen großen Schritt nach vorn geschafft.

2) Tharandt: Nur elf bis 18 Minuten dauert die Zugfahrt vom Dresdner Hauptbahnhof in die Forststadt Tharandt. Viele Studenten pendeln die Strecke täglich. 5 400 Einwohner hat die Stadt derzeit. In ihrem aktuellen Flächennutzungsplan nimmt sie sich vor, mehr Bauland in den einzelnen Ortsteilen auszuweisen. Zwölf Baugebiete sollen Platz für etwa 100 neue Häuser, davon 20 Mehrfamilienhäuser, schaffen. 400 Neubürger in den kommenden fünf Jahren könnte die Stadt eigenen Berechnungen zufolge aufnehmen. Kritisch sehen es Stadträte, dass Tharandt sich nicht so entwickeln kann, wie es möchte. Denn die Stadt wurde nicht als Grundzentrum eingestuft. Das widerspreche der guten Infrastruktur und Ausstattung mit Kitas, Schulen, dem Evangelischen Gymnasium und dem Uni-Standort.

3) Freital: Am stärksten von allen Umlandgemeinden im Landkreis hat bisher Freital vom Dresden-Boom profitiert. Von Mitte 2014 bis Mitte 2017 sind im Saldo 600 Menschen aus Dresden in die Große Kreisstadt gezogen. Derzeit leben hier 40 050 Bürger. Das größte Gebiet, auf dem derzeit neues Bauland erschlossen ist, liegt mit rund 50 000 Quadratmetern an der Dölzschener Straße in Freital-Pesterwitz. 55 Eigenheime können hier in den nächsten Jahren gebaut werden. „Dieser Wachstumstrend soll sich auch in Zukunft fortsetzen“, sagt Stadtsprecher Matthias Weigel. Einer Schätzung zufolge könnte Freital bis 2025 um 1 000 bis 2 800 Neubürger wachsen. Dafür will Freital in der Innenstadt Baulücken schließen und neue Flächen als Bauland ausweisen, die derzeit noch brachliegen. Mit Investoren sollen Areale am Sächsischen Wolf, an der Lederfabrik, am Busbahnhof sowie an Goetheplatz und Mozartstraße mit Wohnungen, Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten entwickelt werden.

4) Bannewitz ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen. Derzeit entstehen auf dem größten aktuellen Baufeld an der Boderitzer Straße 67 neue Häuser. In allen Ortsteilen der Gemeinde leben zurzeit fast 11 000 Einwohner. Die Gemeinde geht davon aus, in den kommenden Jahren moderat weiterzuwachsen. Deshalb schreibt sie ihren Flächennutzungsplan fort. Darin werden rund sieben Hektar neues Bauland in fünf Ortsteilen ausgewiesen. Diese Fläche dürfte für bis zu 90 neue Baugrundstücke ausreichen. „Der Plan soll den Bedarf für die nächsten 15 Jahre abdecken“, sagt Bauleitplanerin Marion Tischer.

5) Kreischa: In Kreischa hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls einiges getan. Im neuen Regionalplan lässt sich die Gemeinde mit der Bavaria-Klinik die besondere Funktion „Gesundheit“ attestieren. Leben aktuell 4 535 Einwohner hier, könnten es in den nächsten Jahren 300 mehr sein, schätzt Bürgermeister Frank Schöning (Freie Bürger). Mehrere Grundstücke sollen ausgewiesen werden, um „den hohen Bedarf decken zu können“. Langfristig will Kreischa auf mehr als 5 000 Einwohner wachsen.

6) Dohna: Auch Dohna ist in den vergangenen Jahren immer stärker gewachsen als zuvor angenommen. Derzeit leben 6 324 Bürger in der Stadt, 2025 könnten es 6 660 sein. Das sei aber „reine Spekulation“ sagt Bürgermeister Ralf Müller (CDU). Er kritisiert, ähnlich wie die Tharandter, dass Dohna im Landesentwicklungsplan nicht als Grundzentrum eingestuft wurde. „Die Nähe zu Dresden wird planerisch negiert“, sagt er. Dennoch wachse seine Stadt, da die Bürger mit den Füßen abstimmen.

7) Heidenau: Einen kleinen Boom, der erheblich mit der guten S-Bahn-Verbindung und den Straßen nach Dresden zusammenhängt, erlebt seit ein paar Jahren Heidenau. Rund 16 500 Bürger hat die Stadt mittlerweile. Im Wanderungssaldo mit Dresden ergab sich zwischen 2014 und 2017 ein Plus von 407 Bürgern für Heidenau. Die Stadt setzt auf neue Grundstücke, die städtische Wohnungsgesellschaft WVH soll aber auch neue Mietwohnungen bauen. Größtes Neubaugebiet ist eine Fläche in Gommern für 80 Grundstücke. Um 350 Bürger könnte Heidenau in den kommenden fünf Jahren wachsen, schätzt Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU).

8) Pirna: Obwohl in Pirna mehr Menschen sterben als Kinder geboren werden, ist die Stadt in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Derzeit leben hier 39 250 Bürger. Zuzügler kamen eher aus dem Landkreis (Saldo +300) als aus Dresden (Saldo +118). Sie brauchen Platz. Laut einem Beschluss zur Entwicklung von Bauland sollen bis 2020 noch 250 neue Wohnungen und Eigenheime entstehen. Darüber hinaus plant die Stadt ihrem Sprecher Thomas Gockel zufolge schon mit weiteren Flächen, gerade auch wegen der Entwicklung des Industrieparks Oberelbe. Private Investoren sanieren schon jetzt weitere Gebäude, etwa auf dem Sonnenstein. Langfristig rechnet Pirna mit bis zu 4 000 Neubürgern.