Neonazis verübten im vergangenen Jahr 37 Gewalttaten im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. In welchen Orten die Rechten besonders aktiv sind.
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Von Domokos Szabó
Von einem neuen deutschen Widerstand, dem Sturz des Systems und einem Straßenkampf mit „treuen deutschen Waffen“ fantasiert der rechtsextreme Sänger Patrick Killat von der Band A3stus in einem seiner Lieder. Ein Blick in den jüngst veröffentlichten Verfassungsschutzbericht zeigt, dass Neonazis im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge durchaus bereit sind, Killats Worte in die Tat umzusetzen. Hetze gegen Flüchtlinge, Krawalle, Anschläge, Nazi-Schmierereien – 2015 ist die Zahl der rechtsextremistischen Straftaten stark angestiegen. Wurden in den Jahren zuvor rund 120 solche Delikte gezählt, waren es nun 281. Oft ging es dabei um Propaganda-Delikte wie zum Beispiel das Zeigen des Hitlergrußes. Aber in der Statistik stehen auch 37 Gewalttaten, siebenmal so viele wie in den Vorjahren. Die Krawalle vor dem Flüchtlingsheim in Heidenau oder der Anschlag auf eine Freitaler Asylunterkunft sind da nur die Spitze des Eisbergs. Verbale Vorlagen zur Gewalt lieferte auch die Band A3stus, die mehrmals in der Region auftrat, unter anderem in Dippoldiswalde.
Extremistische Brennpunkte im Kreis
Nach Einschätzung der Verfassungsschützer gehören im Landkreis 200 bis 250 Personen der rechtsextremistischen Szene an. Das liege im sachsenweiten Vergleich im mittleren Bereich. Den Neonazis war die Asyldebatte ein willkommener Anlass, ihre Ideologie zu verbreiten. Oft standen hinter den Aktionen Organisationen wie die Freien Kräfte Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, Widerstand Freital und Widerstand Heidenau. Doch auch die NPD schürte weiter Hass gegen Ausländer, insbesondere Asylbewerber. „Der NPD-Kreisverband Sächsische Schweiz-Osterzgebirge gehört zu den größten und aktivsten NPD-Strukturen in Sachsen“, heißt es im Verfassungsschutzbericht. Von den rund 90 Kundgebungen der Partei 2015 in Sachsen fand rund die Hälfte im Landkreis statt. In einigen Fällen versucht die Partei, subtiler zu agieren wie etwa in Sebnitz, wo sich die NPD laut dem Verfassungsschutz einer Bürgerinitiative bedient, um die Antiasylproteste anzufachen.
Linksextremisten verübten im Landkreis vergangenes Jahr 43 Straftaten, davon neun Gewalttaten. In der Region soll es keine festen Strukturen geben, lediglich einzelne Linksextremisten.
Auf Grundlage des Verfassungsschutzberichts hat die SZ eine Landkarte des Extremismus im Landkreis 2015 gezeichnet.