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Strafe bringt Philipp nicht zurück

Dass die Mörder des Nieskyers die Höchststrafe erhalten, wird von Freunden des Opfers begrüßt. Der Familie bleibt Bitterkeit.

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© André Schulze

Von Steffen Gerhardt

Niesky/Görlitz. Lebenslang für beide Mörder. So lautet das Urteil, das am Mittwoch im Prozess um den gewaltsamen Tod von Philipp W. aus Niesky gesprochen wurde. In seiner Heimatstadt reagiert man darauf erleichtert, und das aus zwei Gründen: Zum einen, dass diese schreckliche Tat von einem Gericht verurteilt wurde und zum zweiten, dass dieses Gericht dem Strafmaß des Oberstaatsanwaltes folgte. Sowohl Stephan Kuhring als auch Anne-Kathrin Hartmann wurden zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Es ist die höchste Strafe, die ein deutsches Gericht aussprechen kann. Wobei bei der verurteilten Anne-Kathrin Hartmann die besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde.

Stefanie Kühn findet das Urteil so in Ordnung, weil es eben keine höhere Strafe gibt. Sie erzählt: Ich kannte Philipp nur als kleinen Jungen. Als es hieß, er wird vermisst, habe ich die Aufrufe geteilt und das Geschehen sowie den Prozess über die Medien mitverfolgt. Eine gerechte Strafe für das, was passiert ist, gibt es nicht, es bringt ihn nicht zurück.“ Sie ist aber froh, dass der Richter die Tat als Mord und nicht als Totschlag gewertet und das Höchstmaß dessen, was er geben konnte laut bundesdeutscher Justiz, auch gegeben hat, ergänzt die 31-jährige Versicherungsfachfrau.

Jeden Verhandlungstag im Landgericht Görlitz zugegen war Philipps Familie. Seine Freundin Christin Gottschlich sagt, dass man zufrieden damit sein kann, dass das Gericht die Höchststrafe ausgesprochen hat. Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack: „Es ist durchaus möglich, dass der Rest der lebenslangen Strafe nach 15 oder mehr Jahren zur Bewährung ausgesetzt wird. Dann könnte zumindest der Verurteilte wieder draußen sein und sein Leben neu anfangen“, sagt die 27-Jährige.

Dieser Meinung schließt sich auch Philipps jüngster Bruder Moritz an: „Das Urteil ist das Maximum, was wir erwarten können. Aber mal ehrlich, den Häftlingen geht es doch in deutschen Gefängnissen gut. Und wenn sie sich gut führen, kommen sie eher wieder raus und können in Freiheit weiterleben“, sagt der 18-Jährige. Er, der gerade eine Ausbildung zum Krankenpfleger macht, ist dennoch froh, dass der Prozess beendet ist „und ich mich wieder auf anderes fixieren kann, denn meine Berufsausbildung ist mir wichtig“.

Eine große Lücke hinterlässt Philipp nicht nur in seiner Familie, sondern auch in seinem Nieskyer Verein, dem Ironsports e. V. Dort hat man das Prozessgeschehen ebenfalls mitverfolgt. Vereinschef Bruno Kabus kann und will nicht für den Verein sprechen. Seine persönliche Meinung darüber ist, dass es richtig ist, wenn das Gericht das Höchstmaß an Strafe ausspricht. „Man darf nicht vergessen, dass diese Tat einen vorsätzlichen und mörderischen Hintergrund hatte, den das Gericht in seinem Urteil berücksichtigte.“

Auch zehn Monate nach der Tat ist man immer noch fassungslos über so viel Brutalität, die ein junges Leben auslöschte. Noch immer brennen Kerzen am Vereinshaus „Fitti“ in der Käthe-Kollwitz-Straße. Dessen Mitglieder haben es übernommen, das Gedenken an ihren Sportfreund wachzuhalten. Überhaupt zeigte die spontane Gedenkveranstaltung nach Bekanntwerden der Ermordung von Philipp auf dem Nieskyer Zinzendorfplatz und sein Begräbnis Anfang März auf dem Waldfriedhof, dass sein Schicksal vielen nicht gleichgültig ist. Zur Erinnerung: Die Gedenkfeier zählte rund 360 Teilnehmer, zur Urnenbeisetzung kamen rund 250 Leute. Das folgende Gedenkturnier in der Sporthalle Bahnhofstraße verfolgten ebenfalls Hunderte. 20 Mannschaften wollten antreten, für zwölf reichte nur die Spielzeit.

Und auch nach dem Urteilsspruch am Mittwoch bleiben viele in Gedanken bei Philipp. Katja Strophal schreibt zu dem Gerichtsbeitrag der SZ auf Facebook: „Endlich mal wieder ein vernünftiges Urteil, davon gibt es ja heutzutage nicht mehr so viele. Ich wünsche der Familie und den Freunden des Opfers viel Kraft und dass sie es verarbeiten können.“