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Die Gipfel-Putzer

Die Natur erobert sich die Kletterfelsen in der Sächsischen Schweiz zurück. Jetzt reagieren die Bergsportler.

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© Mike Jäger

Von Carina Brestrich

Sächsische Schweiz. Pflege muss sein. Das gilt auch für die Klettergipfel in der Sächsischen Schweiz. Schließlich sind die Felsen ständig Wind und Wetter ausgesetzt. Die Folge: Kräuter, Moos und anderer Wildwuchs wuchern auf und an den Felsen, versperren nach und nach die Zugänge. Das stört vor allem Bergsportfreunde: Kleine Birken in den Felsspalten oder Heidekraut in Griffen und auf Tritten behindern die Bergsteiger auf ihrem Weg nach oben, können ihnen teils sogar gefährlich werden.

Damit die Klettergipfel im Elbsandsteingebirge aber weiterhin für Bergsteiger attraktiv bleiben, haben sich der Sächsische Bergsteigerbund (SBB) und der Staatsbetrieb Sachsenforst etwas einfallen lassen. In einem gemeinsamen Aufruf haben sie nach Bergfreunden gesucht, die bereit sind, die Gipfel zu pflegen. Und tatsächlich: 64 ehrenamtliche Gipfelbetreuer konnten ernannt werden. Ausgestattet mit grün-gelber Warnweste und einem offiziellen Gipfelbetreuer-Pass sollen sie helfen, die Felsen im linkselbischen Staatswald dauerhaft frei von Gestrüpp zu halten.

Schon seit einigen Jahren kümmern sich Ehrenamtliche um die Felsen im Elbsandsteingebirge: 2007 hatten der Bergsteigerbund und die Nationalparkverwaltung die „AG Freischneiden“ gegründet. Anlass war ein Streit zwischen dem Bergsportverband und der Naturschutzbehörde über illegale Baumfällaktionen im Tümpelgrund bei Wehlen. Seither bemühen sich die Mitglieder der AG darum, die Wege zu den Gipfeln freizuschneiden. Vergangenes Jahr erst hat die AG im Bielatal ordentlich losgelegt. Und auch anderswo gibt es gut zu tun: Knapp 380 Klettergipfel sind in der voriges Jahr verabschiedeten Bergsportkonzeption für das Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen, allein 260 davon liegen im vom Sachsenforst betreuten Staatswald. Allerdings: Sie und ihr Umfeld dauerhaft und flächendeckend auf Vordermann zu halten, dafür fehlen der derzeit dreiköpfigen AG Personal und Zeit.

Deshalb sollen nun die Gipfelbetreuer ran. „Ziel ist, die durch die AG verbesserten Zustände zu erhalten“, sagt Uwe Borrmeister, Leiter des Forstbezirks Neustadt beim Sachsenforst. Er ist begeistert, dass sich so rasch so viele Freiwillige zur Gipfelpflege gefunden haben. Mit dabei sind Einzelpersonen, lose Gruppen, aber auch Kletterklubs. Die meisten Helfer sind aus Dresden und Umgebung. Aber auch aus anderen Bundesländern kommen Kletterfreunde zum Gipfelputz: „Einer lebt in der Oberpfalz und verbringt immer seinen Urlaub hier“, erzählt Günter Priebst, der als Mitglied der AG Freischneiden die Gipfelbetreuer in ihre Arbeit einweist.

Welchen Gipfel sie pflegen wollen, das konnten sich die Betreuer aussuchen. Bis zu vier Felsen hat jeder von ihnen übernommen. Eine Einmann-Arbeit ist die Gipfelpflege aber nicht. Gerade zum Reinigen der Kletterwege, also der Routen zum Erklimmen der Felsen, braucht es nicht nur Geschick, sondern auch jemanden, der sichert. Zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, empfiehlt die AG den Betreuern, ihren steinernen Schützling zu reinigen. „Das Schwierigste dürfte die erste Aktion sein, danach wird’s einfacher“, glaubt Günter Priebst. Ans Werk machen können sich die Gipfelbetreuer ausschließlich mit Handwerkzeugen wie Fuchsschwanz, Heckenschere oder Kratze. Wird’s komplizierter, darf nur der Sachsenforst ran. „Unsere Revierförster sind immer in Kontakt mit der AG und den Gipfelbetreuern“, sagt Uwe Borrmeister.

Der Landesforstpräsident Hubert Braun bezeichnet den ehrenamtlichen Einsatz als einen Meilenstein in der Zusammenarbeit mit dem SBB: „Das freiwillige Engagement für die Bergwelt der Sächsischen Schweiz ist die beste Voraussetzung dafür, dass Klettersport und Schutz der Felsenlandschaft auch künftig Hand in Hand gehen“, sagt er. Ähnlich sieht es Alexander Nareike, Präsident des SBB. Er freut sich, dass die Gipfelpaten ihre Freizeit nicht nur für das eigene Klettervergnügen investieren wollen, sondern auch für andere.

Einige Bergfreunde haben sich mit ihren Paten bereits vertraut gemacht. „Es ist wie eine Art Triebbefriedigung, wie Autoputzen oder Wändestreichen“, erzählt ein Dresdner Kletterer über seinen ersten Arbeitseinsatz auf seinen beiden Felsen im Bielatal. Wer nach ähnlichen Erfahrungen sucht: Es ist noch eine ganze Reihe Gipfel frei. Eine Liste gibt es im Internet.

Liste unter Arbeitsgruppen: „AG Freischneiden“