Merken

Die „BöFis“ ohne Thomas Böttcher

Überraschend trennt sich der Radiosender R.SA vom besten Handlanger. Fans auf allen Kanälen ermutigen ihn zu einem Neustart im „schwersten Job der Welt“.

Teilen
Folgen
© action press

Von Bernd Klempnow

Sachsens beliebtestes Radio-Duo ist Geschichte. Überraschend trennte sich jetzt der private Sender R.SA von seinem Moderator Thomas Böttcher. Er hatte mit seinem Kollegen Uwe Fischer seit 22 Jahren bei unterschiedlichen Sendern das Morgenmagazinteam „Die BöFis“ gebildet. „Nachdem sich der 51-Jährige zu Jahresbeginn eine Auszeit genommen hatte, wurde deutlich, dass die Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit leider nicht mehr gegeben ist“, informierte R.SA. Das Vertrauensverhältnis sei gestört gewesen. Kollege Fischer, zudem Programmchef des Senders, kommentierte: „Es war wichtig und richtig, diese Entscheidung zu treffen und mit einer klaren Vorstellung die Zukunft des Senders zu gestalten.“

Kollege Fischer allein mit Damen

Der Geschasste selbst gibt sich abgeklärt: „Ich bin nicht krank oder wehleidig, ein bisschen enttäuscht, aber nicht nachtragend“, sagt Böttcher im SZ-Gespräch. Er war Ende 2016 kurz vor einem Burn-out und in psychologischer Behandlung. „Erst danach wurde mir klar, dass ich damals ganztägig nicht mehr ich selbst, sondern nur noch die Kunstfigur und Spaßmacher Böttcher gewesen bin. Doch hätten meine Frau oder Freunde das zu mir gesagt, hätte ich es ignoriert.“ Bis März war er krank, dann kurz auf Sendung. „Es gab atmosphärische Störungen, aber wir redeten miteinander – offenbar aneinander vorbei.“

Für R.SA hingegen war seit Ostern klar, dass es zur Trennung von dem Freiberufler kommt. Darüber wurde er informiert und akzeptierte die Kündigung. Geschäftsführer Friedrich A. Menze dankt ihm nun „für die langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit“, wünscht „für die Zukunft alles Gute“.

Der Rauswurf ist mehr als eine Personalie. Die sächsische Medienlandschaft verliert ein so innovatives wie polarisierendes Radioteam. Für die einen waren die „BöFis“ unerträgliche Ulknudeln, die keine Gaudi ausgelassen haben. Andere schätzten sie, weil sie sich mit unorthodoxen Spielen, Sketchen und Moderationen von anderen, oft ähnelnden Programmen deutlich absetzten. So verzichteten sie auf Chart-Hits, spielten Musik der 70er- und 80er-Jahre. Legendär sind kalauernde Sketche wie „Frau Böttcher und Herr Fischer“ sowie „Handlanger Böttcher und Meister Fischer“. Ähnlich wie beim DDR-Komiker-Duo Herricht und Preil gab hier der gelernte Elektriker Böttcher zumeist den eher Listigen und Vorlauten, der gelernte Autoschlosser Fischer mimte den vermeintlich Klügeren.

Die Gewinnspiele, bei denen es fast nie größere Preise, sondern eher Kuriositäten zu ergattern galt, entwickelten sie oft selbst. Quasi gewann jeder Teilnehmer. Typisch und einzigartig ist das Osterländisch, ein thüringisch-obersächsischer Dialekt, der um Leipzig gesprochen wird, den Böttcher pflegt. Wie keine anderen Moderatoren nutzten sie bewusst DDR-Vokabular.

Ihr Pensum war enorm. Nach den Sendungen besuchten sie oft Hörer im ganzen Freistaat, stellten deren Schrullen und Hobbys vor, brachten das Publikum in Konzerten und auf Bürgerfesten zum Toben. Vor allem aber war es ihre Art, den Hörer als Kumpel anzusprechen, ohne sich anzubiedern und ohne das bei vielen Sendern übliche Gute-Laune-Getue, die das Duo zur Erfolgsgeschichte machte. Und damit R.SA. Seit September 2003 moderierten sie werktags von fünf bis zehn Uhr die „Große bunte BöFi-Show“ bei dem Sender, der sich seither „R.SA mit Böttcher & Fischer“ nennt und die einzige Radiostation Deutschlands ist, die ihre Protagonisten im Sendernamen trägt. Dieses Merkmal wird nun zum Problem. Wohl bis Jahresende werde es dauern, bis der Name Böttcher aus allen Unterlagen, aus Senderclaim, Logo und App getilgt ist, sagt ein Sprecher. Derweil moderiert Uwe Fischer das Morgenmagazin mit zwei Kolleginnen.

„Die Jahre mit Fischer waren eine geile Zeit“, sagt Böttcher, der freilich „jetzt lieber nach vorne schaut“. Auf Facebook und Handy gehen laufend Nachrichten von Fans ein, die ihn aufmuntern wollen. „Ich bin beschämt, wie viele Menschen an mich denken, mir danken.“

Mehr Digital und Biertheater

Momentan sortiert er sich neu. Er arbeitet mit einer auf Online-Dienste spezialisierten Agentur zusammen. „Ich werde weiter zu sehen, zu hören sein. Der Böttcher ist und bleibt eine Marke.“ Nur vielleicht nicht mehr so intensiv fürs Radio. Mehr Theater – wie seit 2002 im Radeberger Biertheater – will er spielen, dort Stücke mit entwickeln, vielleicht inszenieren. „Die Anrufe und Mails ermuntern mich, den schwersten Beruf der Welt, Menschen zu berühren, sie zum Lachen zu bringen, weiterzumachen.“

Und er will Menschen zum Tanzen bringen. Als ehemaliger DJ „werde ich künftig im Döbelner Liveclub KL 17 Elektro-Beats, Techno und Dance auflegen“.

In Kürze startet die Website www.der-böttcher.de