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„Deutschland ist nicht rohstoffarm“

Der Bergbau im sächsischen Erzgebirge startet eine Renaissance - eine 800-jährige Erfolgsgeschichte könnte sich fortsetzen. Ein Interview.

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© TU Bergakademie Freiberg

Von Ralf Hübner

Freiberg. Thomas Seifert glaubt an eine Wiederauferstehung des Bergbaus in Deutschland. Vor allem in großen Tiefen seien viele Vorkommen noch gar nicht erkundet, sagt der Professor für Lagerstättenforschung an der Technischen Universität Bergakademie Freiberg, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Ist das neue Bergwerk im Erzgebirge mehr als eine Episode?

Auf alle Fälle. Der Name Erzgebirge kommt nicht von ungefähr. Dort und auch im angrenzenden Vogtland gibt es auf relativ engem Raum viele Lagerstätten von Erzen und Mineralen. Das ist in dieser Dichte weltweit selten. Der Bergbau hat das Land einst reich gemacht und es sieht so aus, als ob sich Geschichte jetzt wiederholt.

Es hieß doch aber einst, die Erzlager seien erschöpft.

Das trifft allenfalls auf die Bereiche nahe der Oberfläche zu. Aber welche Rohstoffe gibt es in eintausend oder auch zweitausend Meter Tiefe? Davon wissen wir nur wenig. Deshalb sind geophysikalische Erkundungsarbeiten des Helmholtz-Institutes für Ressourcentechnologie Freiberg gemeinsam mit der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover gestartet worden. Denn Bergbau in mehr als 1.000 Metern ist aus bergbautechnischer Sicht heute nicht mehr ungewöhnlich. Hinzu kommt, dass wir jetzt nach Rohstoffen suchen, von denen die Bergleute früher gar nicht wussten - und die sie folglich auch nicht abgebaut haben wie Indium, Germanium und Scandium.

Welche Rohstoffe könnten die Investoren interessieren?

Angefangen hatte der Bergbau im Erzgebirge im 12. und 13. Jahrhundert mit Silber und Zinn. Später wurden auch Kupfer, Kobalt, Wolfram, Uran, Blei und Zink, Fluss- und Schwerspat gefördert. Jetzt gibt es noch immer Zinn-Vorräte, aber auch Wolfram, Molybdän, Lithium, Wismut, Indium sowie Fluss- und Schwerspat. Vor allem Indium, das in der Hochtechnologie gebraucht wird, ist weltweit selten. Da gibt es nur wenige Vorkommen. Auch Lithium - ein wichtiger Zukunftsrohstoff - wurde bisher kaum gefördert.

Können auch anderen alte Bergbauregionen hoffen?

Ich denke schon. Da ist zunächst der Kupferschiefer bei Spremberg (Brandenburg)in der Niederlausitz. Das ist sogar eine größere Kupferlagerstätte. Dann gibt es im Raum Delitzsch (Nordsachsen) Vorkommen an Seltenen Erden. Der Harz bei Goslar wird nach Massivsulfid-Mineralisationen erkundet. Auch im Thüringer Wald, Schwarzwald, Fichtelgebirge und Rheinischen Schiefergebirge, wo schon früher Rohstoffe abgebaut wurden, sind möglicherweise noch größere Lagerstätten verborgen. Ob und wann diese erkundete und gegebenenfalls abgebaut werden, ist letztlich einen Frage der Kosten und der Wirtschaftlichkeit.

Deutschland gilt als rohstoffarm. Das ist doch noch so?

Eigentlich nicht. Deutschland ist sicher kein Rohstoffland wie etwa Russland oder Kanada. Aber richtig rohstoffarm war es historisch gesehen nie und bei einigen Rohstoffen wie Fluss- und Schwerspat, Zinn oder auch Kupfer und den Zukunftsrohstoffen Lithium und Indium könnten wir den Bedarf künftig sogar aus eigenen Aufkommen decken. Bei Kali- und Steinsalzen ist Deutschland seit mehr als 50 Jahren einer der führenden Bergbauproduzenten weltweit. (dpa)