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Der Wolkenschieber

Der Dohnaer Sven Zickler setzt die Sächsische Schweiz im Zeitraffer spektakulär in Szene. Das ist mehr als ein Hobby.

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© Marko Förster

Von Gunnar Klehm

Ein Schnaufen. Schwerer Schritt. Der Rucksack voller Fototechnik drückt auf den Schultern. Der vergleichsweise einfache Aufstieg zum Gipfel des Gamrig bei Kurort Rathen ist deshalb mühsam. Dabei hat Hobbyfotograf Sven Zickler die zu schleppende Last schon aufs Mindestmaß reduziert. „Die Schienen meines großen Sliders, auf dem die Kamera montiert wird, habe ich aus leichterem Karbon und Titan anfertigen lassen“, sagt der gelernte Karosserie- und Fahrzeugbauer. Trotzdem sind es noch rund 23 Kilogramm, die er auf den Berg zu tragen hat. Doch für seine Aufnahmen muss er hoch, um von oben die Nebelschwaden einzufangen, die durchs Elbtal schleichen. Wenn es draußen regnet, wird der leidenschaftliche Fotograf ungeduldig. „Wenn darauf wärmere Luft folgt, gibt es die besten Nebelbilder“, erklärt Zickler.

Dieses Panoramafoto entstand in Ebenheit unterhalb des Liliensteins. Sven Zickler fotografierte die Milchstraße in Richtung Westen. Das gelbliche Licht ist der sogenannte Lichtsmog von Pirna und Dresden.
Dieses Panoramafoto entstand in Ebenheit unterhalb des Liliensteins. Sven Zickler fotografierte die Milchstraße in Richtung Westen. Das gelbliche Licht ist der sogenannte Lichtsmog von Pirna und Dresden. © free-inspiration/S. Zickler

Der Dohnaer benutzt eine handelsübliche und tausendfach verkaufte Digitalkamera EOS 700 D, jedoch etwas anders als die meisten. Er hat sich auf Zeitraffersequenzen spezialisiert. Dazu legt er sich schon mal stundenlang auf die Lauer und verbringt ganze Nächte auf Gipfeln der Sächsischen und Böhmischen Schweiz. Tagsüber bringt er auf diese Weise Wolken in Bewegung. In normalen Filmsequenzen wäre das ein stundenlanger Langweiler. Doch in Zeitrafferfotografie werden daraus wenige Sekunden dauernde Sequenzen, die den Betrachter faszinieren.

Reaktion war überwältigend

Sind am Tage die Wolken oder Nebelschwaden die Hauptdarsteller, geht es in der Dunkelheit um die Sterne. Mithilfe seiner Fototechnik und natürlich der Erdrotation bringt er diese in Bewegung.

Erst vor wenigen Jahren hat Sven Zickler die Zeitrafferfotografie für sich entdeckt. Doch seine dabei entstandenen Filme sind so spektakulär, dass er damit bereits ganze Kinosäle füllt. So auch kürzlich beim Bergsichten-Festival in Dresden. „Da ist man schon ganz schön aufgeregt, wenn man vor 1 000 Leuten auf die Bühne gerufen wird, um ein paar Fragen zu seinem Film zu beantworten“, erzählt der 37-Jährige. Bislang zeigte er seine Werke eher in kleinerem Rahmen. Bei den Sommer-Bergsichten, das von Alpinist Frank Meutzner in Porschdorf initiiert wurde, hat er einen Film gezeigt. „Die Reaktion war überwältigend“, sagt Zickler. Auch auf seiner Facebook-Seite gibt er das eine oder andere preis. Das sind aber nicht nur Zeitraffersequenzen, sondern auch Fotografien. Erst kürzlich konnten sich auch alle Besucher des Weihnachtsmarktes auf der Festung Königstein ein Bild von seiner Arbeit machen. Dort wurde in den Kasematten ein Kurzfilm von ihm im Stundentakt präsentiert. Die Festungsleute wollten den Besuchern mal etwas anderes bieten. Das ist ihnen damit gelungen.

Dass das Ganze mal mehr als ein Hobby werden könnte, daran will Sven Zickler aber nicht so recht glauben. Außerdem arbeitet er gern in seinem jetzigen Job als Autoverkäufer in Heidenau. Es gab aber schon Anfragen von Unternehmen, die seine Sequenzen kommerziell nutzen wollen. „Das sind aber keine Auftragswerke. Da wollte jemand etwas aus meinem Fundus für Werbezwecke nutzen“, sagt Zickler. Inzwischen hat er auch eine Anfrage vom MDR bekommen. Der hiesige Tourismusverband hat noch nicht angefragt.

Auch wenn Zicklers Fans teilweise von Kunstwerken sprechen: Als Künstler sieht er sich nicht. Ihn fasziniert die Technik immer noch am meisten. Dabei ist so ein Zeitrafferfilm mehr als nur das Fotografieren. Die Nachbearbeitung ist fast noch aufwendiger – bis hin zur Auswahl der Hintergrundmusik. Am Anfang saß er stundenlang in seiner Arbeitsecke, die sich der Familienvater in seiner Wohnung in Dohna eingerichtet hat, und hat diverse Musikportale durchstöbert auf der Suche nach einer geeigneten Musik, die auch frei nutzbar sein musste. Inzwischen hat er seine Favoriten. Meist sind es Kompositionen des Künstlers Zero Project, zuletzt aber auch von Marc Teichert. Die sphärischen Klänge sind einfühlsam aber auch dramatisch. Das passe super zu seinen Filmen.

Der selbstbewusste Autodidakt will sein Wissen aber nicht für sich behalten und bietet Workshops auf der Burg Hohnstein für Interessierte an. „Ich bekomme andauernd Anfragen, die Herstellung zu erklären. Das geht aber nicht so auf die Schnelle“, sagt Zickler. Um bei ihm ein Seminar zu absolvieren, dazu brauche niemand Vorkenntnisse und auch keine eigene Technik, erklärt der Hobbyfotograf.

Der Traum von Teneriffa

Insbesondere die Arbeit mit dem Slider ist nicht so einfach. Auf einer Schiene wird der Fotoapparat für jedes Bild ein Stückchen weitergefahren. Meist sind es nur Millimeter. Das erzeugt im Endeffekt aber die ganz besondere Wirkung. „Das ist dann eine richtige Kamerafahrt“, sagt der Dohnaer. Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Webcam kann er in wenigen Minuten die Bewegungen einer ganzen Nacht darstellen.

Oft trifft er sich mit Gleichgesinnten, die auch von weither anreisen. Sie beneiden ihn, weil er mit der Sächsischen Schweiz so tolle Motive direkt vor der Haustür hat. Vollends zufrieden ist Zickler dennoch nicht. Der sogenannte Lichtsmog von Dresden stört beim Fotografieren des Nachthimmels. Deshalb träumt Sven Zickler davon, einmal für eine Woche für Nachtaufnahmen nach Teneriffa zu fliegen. „Das ist viel näher am Äquator, da sieht man das Zentrum der Milchstraße komplett, und es gibt wenig störendes Licht“, erklärt der 37-Jährige.

Workshoptermine: 24. Januar, 7. März, 18. April; Kosten zwischen 109 und 139 Euro;

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