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Der Weg war das Ziel

Weltenbummler Michael Berndt ist zurück vom Abenteuer seines Lebens. In Kamenz freut er sich auf das Leben mit der Familie. Und ganz nebenbei bringt er ein Buch heraus.

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© Michael Berndt

Von Ina Förster

Kamenz. Michael Berndt war schon fast überall auf dieser Welt. Ok. – zumindest auf der Hälfte. Ganze 194 Länder gibt es. Dazu gehören winzige Inseln wie die Staaten Palau oder Nauru und Riesenländer wie Russland oder Indien. Die Letzteren hat der 32-Jährige beispielsweise mitgenommen auf seiner Tour rund um die Erdkugel. Bei korrekt hundert hat er letztes Jahr Schluss gemacht mit dem Reisen. Doch dazu später.

Reisefotos von Michael Berndt

Trauminsel zum Übernachten gewünscht? In Zentralamerika ging so etwas schnell mal nebenbei.
Trauminsel zum Übernachten gewünscht? In Zentralamerika ging so etwas schnell mal nebenbei.
Gesichter eines Landes. Auch viele Porträts brachte Michael von der letzten Reise mit. Sie kommen mit ins Buch.
Gesichter eines Landes. Auch viele Porträts brachte Michael von der letzten Reise mit. Sie kommen mit ins Buch.
Seine Liebste Lisa und die Kinder freuen sich natürlich, dass Papa „sesshaft“ geworden ist. Nun reist man gemeinsam.
Seine Liebste Lisa und die Kinder freuen sich natürlich, dass Papa „sesshaft“ geworden ist. Nun reist man gemeinsam.
Wie aus einer anderen Zeit: In Kuba gab es zahlreiche Fotomotive. Das tut freilich auch seinem Buch „100 Länder, 100 Frauen, 100 Räusche“ gut.
Wie aus einer anderen Zeit: In Kuba gab es zahlreiche Fotomotive. Das tut freilich auch seinem Buch „100 Länder, 100 Frauen, 100 Räusche“ gut.
Auf Kuba war freilich ein Besuch in Havanna oberste Pflicht.
Auf Kuba war freilich ein Besuch in Havanna oberste Pflicht.
Unterwegs lernte er viele neue Freunde kennen. Gemeinsam reiste es sich einfach besser – wie hier in Guatemala.
Unterwegs lernte er viele neue Freunde kennen. Gemeinsam reiste es sich einfach besser – wie hier in Guatemala.
„Vulcano-Boarding“ auf selbst gebauten Brettern von einem Vulkan in Nicaragua. Michael Berndt hat alles mitgenommen – auch extreme Sportarten.
„Vulcano-Boarding“ auf selbst gebauten Brettern von einem Vulkan in Nicaragua. Michael Berndt hat alles mitgenommen – auch extreme Sportarten.
Bei „Che“ in Kuba vorbei geschaut und gepost. Manche Dinge, auch Reise-Klischees, mussten einfach sein.
Bei „Che“ in Kuba vorbei geschaut und gepost. Manche Dinge, auch Reise-Klischees, mussten einfach sein.

Früher wohnte er in Cunnersdorf. Familie, großer Bauernhof, liebende Eltern. Die verstanden lange nicht, warum sich Michael damals mit 23 Jahren von heute auf morgen auf den Weg machte. Da hatte er schon seine Ausbildung zum Metzger bei Fleischer Imbach in der Tasche. Und das Fach-Abitur in Dresden gerade hinterhergeschoben. Und dann macht der einfach los! Australien. Aussteigen für mindestens sechs Monate. Das wollte er zuerst. Ohne großartige Englischkenntnisse, nur mit 700 Euro in der Tasche. Aus dem „Endlich-mal-was-anderes-sehen“ werden am Ende acht Jahre Weltenbummelei. Michael Berndt konnte lange nicht aufhören damit.

In der Kamenzer Sächsischen Zeitung berichtete er zwischendurch immer wieder von seinen Trips. Von Neuseeland, Australien, den Fidschi-Inseln, Nordkorea. Von Partys im Zocker-Paradies Las Vegas, vom Schwimmen mit Walhaien, vom Karneval in Rio. Auch Thailand war dabei. Indien nicht zu vergessen – ein Abstecher in die Hippiehochburg Goa musste sein. Michael Berndt erlebte das bunte Holi-Festival mit, besuchte die Slums und die Glitzer-Filmwelt Bollywood. Nepal, die Hauptstadt des Bergsteiger-Mekkas hatte es auch in sich. Seine Reisen wurden ausgedehnter mit der Zeit. Manchmal trieb es ihn aber auch schneller weiter. Jedes Jahr hakte er so einen Kontinent auf seiner To-do-Liste ab. Brasilien gefiel ihm besonders – auch wegen des leckeren Essens. Japan wegen der Kontraste. Nach Südafrika will er unbedingt noch einmal. Er wurde beklaut, trat in zahlreiche Fettnäpfchen, probierte sich durch allerlei Drogen. Seine Lust aufs Leben war unstillbar.

Doch die Erfahrungen, die er unterwegs machte, kann ihm heute keiner nehmen. „Der Weg ist oft dabei das Ziel gewesen für mich. Kein Stress, keine Hektik. Ich habe alles in vollen Zügen genossen“, sagt er. „Und: Das Leben auf Reisen war billiger als daheim. Manchmal hat man auf einer Insel, die man nur für sich alleine hatte, kostengünstiger geschlafen, als in einem Hotel“, sagt er. „Klar habe ich auch viel gejobbt. Als Koch oder Barkeeper, eine ganze Zeit als Englischlehrer.“ Und durch Zufall und Kontakte kam irgendwann ein Auftrag vom Discovery-Channel auf den Tisch. Langweilig wurde es dem heute 32-Jährigen nie. Ab und zu schaute er in der Heimat vorbei. Doch nicht lange, da wurde die Sehnsucht zu groß. „Ich hatte mir übrigens vorgenommen, dass ich in jedem Land, das ich bereise, mindestens eine Frau habe“, schmunzelt er. Und er setzte es natürlich in die Tat um. „Ok. – Saudi Arabien war schwierig“, gibt er zu.

Unterwegs lernte er viele Menschen kennen. Männer. Frauen. Alte. Junge. Die einen berührten ihn mehr als andere. Mit einigen verbindet ihn bis heute Freundschaft. Trotzdem: „Am Anfang war das Reisen ursprünglich. Man kam irgendwo hin und hatte den Eindruck: Hier waren noch nicht viele außer mir. Manchmal hat es mich zum Schluss erschreckt, wie schnelllebig diese Welt ist. Immer mehr Pauschaltouristen unterwegs, in den entlegensten Ecken der Erde. Und viele sehr junge Leute – mit Selfiesticks und immer auf der Suche nach WLAN“, sagt der Kamenzer.

Seine letzte Reise, auf der die fehlenden zehn Länder zur hundert anstanden, startete 2015 nach Südamerika. Noch einmal zwei Monate loslassen. Seine Freundin Lisa, mit der er erst kurz vorher zusammengekommen war, meinte damals: Wenn, dann ziehe das bald durch!“ Kuba, Mexiko, Panama und die Dominikanische Republik standen auf dem Plan. Michael Berndt zog es durch. Auch, um anschließend endlich heimzukommen. Anzukommen. Mittlerweile lebt er mit seiner kleinen Patchwork-Familie in Kamenz, baut eine Haushälfte bei den Schwiegereltern aus. Tagsüber steht er bei Kaufland hinter der Wursttheke. Sieht seinen Sohn aufwachsen und reist jetzt eben mit seiner Lisa und deren Tochter durch die Welt. Österreich und die Schweiz haben durchaus auch ihren Reiz.

Aber damit das Abenteuer seines Lebens nicht vergessen wird, nur in Fotogalerien verschwindet oder in seinen Tattoos weiterlebt, gibt es wie oft einen Plan B in Michaels Leben. „Ich hatte lange vor, ein Buch zu schreiben. Und das habe ich die letzten Monate mit meinem Co-Autor Rainer Schäfer getan. Er kam dafür eine Woche nach Kamenz, ich war eine Woche in Hamburg“, sagt er. Der Riva Verlag hat ihn unter Vertrag, am 16. Oktober kommt die Erstauflage des Buches mit 272 Seiten und vielen Fotos heraus. „100 Länder, 100 Frauen, 100 Räusche“ titelt es. Die 5 000 Stück werden nicht lange reichen. Der Weltenbummler aus Cunnersdorf ist schon vor Ort bekannt wie ein bunter Hund. Und ein solcher bleibt er auch. Die Welt kann man nicht einfach von der Haut waschen.