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Wehe du wanderst im Müllergründchen

Wer von Schloss Scharfenberg nach Pegenau wandert, muss vorsichtig sein. Um den Wanderweg im Müllergründchen gibt es Streit mit einem Grundstücksbesitzer. Jetzt deutet sich ein Kompromiss an – aber mit Geschmäckle.

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© privat

Von Udo Lemke

So wie Siiri Klose aus Dresden erging es in letzter Zeit vielen anderen auf dem Wanderweg Müllergründchen von Schloss Scharfenberg nach Pegenau: „In unserem Familien- und Freundeskreis ist es seit zehn Jahren Tradition, diesen Weg zu Ostern zu laufen, doch an diesem Osterwochenende mussten wir ihn als versperrt erleben.“ Der Grund: Der neue Besitzer des Grundstücks Müllergründchen 4 will niemanden über sein Grundstück gehen lassen, über das der Weg führt. „Da hat die Gemeinde tief geschlafen“, so Siiri Klose, weil sie versäumt hat, den Weg öffentlich zu widmen, so dass wie seit gut 200 Jahren vorher Wanderer dort entlanggehen können. Eine neue Wegführung sei auch nicht erkennbar gewesen. „Das ist sehr ärgerlich, zumal ja in den letzten Jahren sicher mit dem Geld von Steuerzahlern der Weg von Pegenau zum Müllergründchen 4 als Straße ausgebaut wurde.“

Neue Wegführung unsicher

In der Tat hat die Gemeinde den Weg bis zum Grundstück so hergerichtet, dass er ordentlich befahrbar ist. Über ihren persönlichen Ärger hinaus geht es Siiri Klose aber noch um Grundsätzliches: „Zudem befürchte ich, dass das Beispiel Schule macht. Was, wenn bei einem Besitzerwechsel von Grundstücken am Wanderweg zum Totenhäuschen dieser plötzlich ebenfalls versperrt wird?“ Sie wolle keine Zustände wie in Italien oder Portugal, wo man nur auf streng vorgeschriebenen, begrenzten Wegen gehen könne, weil alles privat sei. „Das ist doch ein Plus für Deutschland, dass es die Wanderwege für alle offen hält.“

Die Situation im Müllergründchen hatte schon den Verein Lebensraum Scharfenberg, an den sich auch Siiri Klose gewandt hatte, auf den Plan gerufen. „Wir würden es begrüßen, wenn der Wanderweg durch den Esskastanienhain um das Grundstück herumgeführt wird“, erklärte Vereinssprecher Manfried Eisbein. Und: „Es ist sehr bedauerlich, dass unter den persönlichen Interessen Einzelner der Ruf Scharfenbergs als lohnendes Ausflugsziel leidet. Was das Totenhaus betrifft, so wurde bereits der dortige Wanderweg 1995 öffentlich gewidmet. Dort droht also keine Gefahr. Dennoch haben Sie recht mit Ihrer Befürchtung in Zeiten, da das Gemeinwohl offensichtlich kaum noch zählt.“

Kürzlich gab es nun einen Ortstermin mit Vertretern von Gemeinde, Unterer Naturschutzbehörde, des Lebensraum-Vereins, dem neuen Besitzer des Müllergründchens 4, dem in Wilsdruff praktizierenden Zahnarzt Alexander Golde und seinem Rechtsanwalt. „Da hat Herr Golde einen Vorschlag gemacht, wie der Weg durch sein Grundstück geführt werden kann“, erklärt Manfried Eisbein. Danach soll er in halber Höhe auf einem alten Wirtschaftsweg am Grundstück vorbeigeführt werden. „Von dort soll der Weg in einer Serpentine wieder auf die ursprüngliche Anbindung zurückgeführt werden.“ Auf die Frage, wer das bezahlt, antwortet er: „Wie immer, die Gemeinde.“ Dem widerspricht Klipphausens Bürgermeister Gerold Mann (parteilos): „Herr Golde hat gesagt, dass er die neue Wegführung auf seine Kosten gestalten lassen würde.“

Allerdings hat das Ganze noch einen Haken, denn der neue Weg würde auch über ein zweites Grundstück führen. Das gehört einer der Tochterfirmen der Meißener Agrarprodukte AG, nämlich der Agrar Produktions- und Handelsgesellschaft mbH Scharfenberg. Nur, wenn das Unternehmen zustimmt, wird etwas aus der neuen Wegführung. Dazu soll es in der kommenden Woche einen Ortstermin mit Vertretern der Handelsgesellschaft geben, erklärt Dieter Schneider, der Klipphausener Bauamtsleiter.

Wie das plötzliche Entgegenkommen Goldes, der zuvor Anzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt hatte und in diesem Zusammenhang auch gegen die SZ vorgegangen ist, komme, lautet die Frage an Manfried Eisbein. Das wisse er nicht, so die Antwort.

Allerdings wird gemunkelt, dass Golde ohne Baugenehmigung ein Gebäude auf seinem neuen Grundstück hat abreißen und ein neues errichten lassen und von der Gemeinde Entgegenkommen erwartet, indem er ihr in Sachen Wanderweg seinerseits entgegenkommt. Daraufhin angesprochen, erklärt Klipphausens Bauamtsleiter Schneider: „Der Ortschaftsrat von Scharfenberg soll kommende Woche vor Ort entscheiden, ob er ja oder nein zu der Baumaßnahme sagt.“

Manfried Eisbein findet es besser, einem Rechtsstreit aus dem Wege zu gehen und einen Kompromiss zu schließen. „Prinzipiell dürften Wege, die seit Menschengedenken von der Allgemeinheit genutzt werden, auch automatisch einer öffentlichen Nutzung vorbehalten sein. Der Fall Müllergründchen sollte Anlass für den Gesetzgeber sein, hier unsichere Zustände im Sinne des Gemeinwohls zu klären.“