Merken

Der lange Todeskampf der Irmgard V.

Am Landgericht Dresden hat gestern der Prozess gegen Mirko S. begonnen. Er soll eine Rentnerin brutal ermordet haben.

Teilen
Folgen

Von Alexander Schneider

Teilnahmslos wirkt der 31-jährige Angeklagte, kalt. Mirko S. steht seit gestern wegen Mordes und Raubes mit Todesfolge vor dem Landgericht Dresden. Er verzieht keine Mine. Auch nicht, als Staatsanwalt Christian Kohle den qualvollen Tod der Rentnerin schildert, für den er S. verantwortlich macht.

Mit dem Ziel, sein Opfer zu töten, habe S. die 84 Jahre alte Irmgard V. am 6. Mai 2008, zwischen 17 und 22 Uhr in ihrer Wohnung in der Dresdner Neustadt aufgesucht.

Dort habe er ihr mit Paketklebeband die Arme auf den Rücken und die Beine gefesselt. Auch den Kopf der Frau habe er komplett mit Band eingewickelt. Nur eine kleine Öffnung an der Nase blieb. So fixiert habe er die hilflose Frau in ihre Badewanne gelegt – und auf sie eingeschlagen. „Ihm war gleichgültig, dass er bei ihr Atemnot ausgelöst hat“, sagt Kohle.

Dann habe S. Geld gesucht, die EC-Karte der Rentnerin gestohlen und sei zurück in das Lokal gegangen, in dem er als Koch arbeitete. Nach dem Dienst soll S. vermummt an mehreren Bankautomaten erfolglos versucht haben, das Konto der Rentnerin zu plündern. Anschließend sei er zurück zu Irmgard V. gegangen, habe weiter auf sie eingeschlagen. Dann soll er vier Bilder gestohlen haben, die er wenig später einem Antiquitätenhändler für 360 Euro verkauft habe.

Am eigenen Blut erstickt

Irmgard V. durchlitt unvorstellbare Qualen. Sie starb erst viele Stunden später. Am Mittwoch, nachmittags oder abends. Eine Nachbarin fand sie nach 21Uhr, leblos, in nassen Kleidern, noch immer in der Wanne. Irmgard V. war an ihrem eigenen Blut erstickt.

Mirko S. wurde nur eine Woche nach der Tat gestellt und sitzt seit dem in U-Haft. Er ist ein Intensivtäter. Im November 1998 hatte ihn das Landgericht Leipzig unter anderem wegen Mordes und Vergewaltigung zu zehn Jahren Jugendstrafe verurteilt. Schon damals hatten Experten vor seiner Gefährlichkeit gewarnt. Zuletzt taten sie dies vor der Entlassung. Therapieerfolge hatten sich nicht eingestellt. S. kam am 25. März 2008, seinem 31. Geburtstag, auf freien Fuß.

Eine nachträgliche Sicherungsverwahrung für besonders gefährliche Täter gab es zu der Zeit noch nicht. Die gibt es erst seit dem 8. Juli 2008 – Monate zu spät für Rentnerin Irmgard V., sollte S. tatsächlich der Täter sein.

Mirko S. schweigt. Auch gestern machten weder er noch sein Verteidiger Endrik Wilhelm Angaben zur Sache. Das Schwurgericht steht vor einem schwierigen Indizien-Prozess. Gestern wurden neue Termine ausgemacht – vorerst zwölf Verhandlungstage bis Mitte Juni. Mirko S. droht eine lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.