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Der Juni ist zu nass

Diesen Monat fällt in Dresden deutlich mehr Niederschlag als normal. Die Feuerwehr hatte an einem Tag besonders viel Stress.

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© ZB

Von Peter Hilbert

Nach einer sonnigen Woche fällt dieses Wochenende ins Wasser. Kaum konnten wir uns über das herrliche Sommerwetter freuen, kommt schon wieder Regen. Und der soll kräftig fallen – in diesem Monat keine Seltenheit.

Die Stadtentwässerung misst an 19Stationen, wie viel Regen fällt. Teamleiter Torsten Seiler zeigt die modernste Anlage im Klärwerk Kaditz.
Die Stadtentwässerung misst an 19Stationen, wie viel Regen fällt. Teamleiter Torsten Seiler zeigt die modernste Anlage im Klärwerk Kaditz. © P. Hilbert

Es regnet deutlich mehr, als es im Juni normal ist. Das weiß Torsten Seiler besonders gut. Als Teamleiter der Stadtentwässerung ist er für ein wichtiges Messsystem zuständig, das den Niederschlag in Dresden erfasst. „Nach unseren langjährigen Messungen fallen im Juni durchschnittlich 68 Liter pro Quadratmeter“, erklärt der Fachmann. Allein bis zum vergangenen Mittwoch waren es an der Kaditzer Kläranlage jedoch schon 96 Liter.

Für die Stadtentwässerung steht die Frage, wie ihr Kanalnetz auf starken oder extremen Regen reagiert. Aus den Messungen kann das Unternehmen unter anderem schlussfolgern, wie seine Anlagen ausgebaut werden müssen oder wie Schäden künftig zu verhindern sind. Im Stadtgebiet sind 19 Messstationen installiert, die auch Regenschreiber genannt werden. Sie stehen unter anderem am Heizkraftwerk Pieschen, an der Kläranlage Schönfeld, am Hauptbahnhof oder am Hochbehälter an der Bonner Straße in Naußlitz.

Die Stadtentwässerung misst den Niederschlag seit 1994. Die Geräte bestehen in der Regel aus einem großen Trichter. Die Tropfen fallen auf eine kleine Wippe, die die Regenmenge in Liter pro Quadratmeter umrechnet, erläutert Seiler. Die aktuellen Messwerte werden elektronisch erfasst. Jeder Bürger kann sie im Internet-Themenstadtplan nachlesen.

Danach regnete es am 1. dieses Monats am heftigsten. Die Station an der Kläranlage Kaditz weist für den Tag derart starken Regen aus, dass dieser statistisch gesehen nur einmal jährlich fällt. Beim Niederschlag wurden nachmittags in knapp anderthalb Stunden über elf Liter je Quadratmeter registriert. Zum Vergleich: Am 17. Juni brauchte es für 13 Liter ganze zwölf Stunden. Werte von anderen Stationen stehen wegen einer Störung im Datennetz bislang nicht zur Verfügung.

Die Konsequenzen solcher Güsse spüren nicht nur die Kanalbetreiber, sondern auch die Feuerwehrleute. Mussten die im gesamten Mai nur zwölfmal wegen Wasserschäden ausrücken, so klingelte deshalb allein am 1. Juni in 16 Fällen der Notruf, erklärt Feuerwehrsprecher Ralf Schröder. So hatte das Wasser einen Schachtdeckel an der Ecke Coschützer/Reckestraße ausgehoben. Den hievten die Kameraden mit einer Brechstange wieder an seinen Platz.

Der Regen habe das Kellergeschoss eines im Bau befindlichen Hauses auf der Schloßstraße in der Altstadt und auf einer Länge von 30 Metern eine Unterführung am Gorbitzer Amalie-Dietrich-Platz geflutet, nennt Schröder weitere Beispiele. Zu Hilfe gerufen wurde die Feuerwehr auch wegen eines vollgelaufenen Kellers auf der Neustädter Rähnitzgasse. „Dort war das Wasser aber schon wieder abgeflossen“, erklärt der Sprecher. In der Regel ist das in der Hälfte aller Fälle so, wenn die Feuerwehr alarmiert wird. „Bei der anderen Hälfte setzen wir unsere Pumpen ein, um das Wasser aus dem Gebäude zu bekommen“, sagt er. Dafür sind tragbare Tauchpumpen und Wassersauger auf einem der Löschfahrzeuge installiert. „Theoretisch wäre es in so einem Fall zwar Sache des Grundstückseigentümers“, erklärt Schröder. Die Feuerwehrleute helfen aber dennoch. Im vergangenen Jahr mussten sie insgesamt 204-mal wegen Wasserschäden ausrücken.

Genau mit solchen Störungen beschäftigt sich auch Abwasserexperte Seiler. Da gibt es einerseits Überflutungen, bei denen beispielsweise Kanäle überlaufen und Keller oder Betriebsgebäude der Stadtentwässerung unter Wasser setzen. „Das ist aber relativ selten. Wir haben nur zwei bis sieben Schäden pro Jahr“, berichtet Seiler.

Anders sieht das aus, wenn in Privathäusern Keller oder Bäder überflutet werden. Bis zu 200 Fälle werden der Stadtentwässerung jährlich gemeldet. Meistens hat das einen ganz einfachen Grund: Es fehlen Rückstauklappen am Abwasseranschluss. Deshalb rät Seiler den Hauseigentümern, die dafür verantwortlich sind, so eine Sicherung einzubauen. Selbst mit dieser Technik müssen sie bei Starkregen eins beachten: Bei geschlossener Klappe ist das WC tabu. Ansonsten folgt auf dem Fuß die Mini-Flut. Aber diesmal im Bad.