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Der Fleischversteher

Philipp Winters ist der erste Fleischsommelier Sachsens. Der Dürrröhrsdorfer setzt sich für bewussteren Konsum ein.

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© Steffen Unger

Von Dirk Schulze

Mit dem Schlachten ist Philipp Winters schon aufgewachsen. Sein Großvater gründete die Dürrröhrsdorfer Fleisch- und Wurstwaren GmbH, deren Geschäfte seit mittlerweile 15 Jahren von seinem Onkel Ralph Ehrentraut geführt werden. Dass auch er selbst in das Familienunternehmen einsteigt, das rund 450 Mitarbeiter beschäftigt und 37 Filialen betreibt, stand außer Frage. Mit dieser Perspektive hat Philipp Winters Betriebswirtschaft studiert. Seit 2015 arbeitet er im Vertrieb der Firma.

Was ihm nach dem Studium noch gefehlt hat, war die praktische Komponente, sagt er. Die Idee, noch mal eine Fleischerlehre dranzuhängen, wurde schnell verworfen, das hätte zu lange gedauert. Um die Praxis kennenzulernen, durchlief er stattdessen diverse Abteilungen bei Dürrröhrsdorfer und machte Praktika bei größeren Fleischereien bundesweit. In einem der Betriebe entdeckte er eine Urkunde an der Wand, die einen Mitarbeiter als Fleischsommelier auswies. Sobald er zu Hause war, googelte er, was es damit auf sich hat.

Einige Monate später kann sich Philipp Winters selbst Fleischsommelier nennen – als Erster in Sachsen. Analog zu einem Sommelier, der für den Weinbestand in einem Restaurant verantwortlich ist und der die Gäste bei der Auswahl des passenden Weins berät, ist der Fleischsommelier ein Spezialist für alle Fragen rund ums Fleisch. Er soll sämtliche Teilstücke bestens zubereiten können und den Kunden bei der Auswahl des richtigen Fleisches helfen.

Philipp Winters hat dafür eine Weiterbildung inklusive theoretischer und praktischer Prüfung in Österreich absolviert. Die Ausbildung beinhaltet alles von der Aufzucht und Haltung der Tiere über das Zerlegen und Weiterverarbeiten bis hin zur Zubereitung und Präsentation verschiedener Gerichte. Es geht um Tiergesundheit, internationale Spezialitäten und Konsumverhalten. Ernährungswissenschaftler gehören ebenso zu den Dozenten wie Grillweltmeister. Ein wesentlicher Teil ist der Einfluss, den die Art und Weise der Tierhaltung auf die Qualität des Fleisches hat.

Als Fleischsommelier hat sich Philipp Winters nun vorgenommen, dem schlechten Image des Nahrungsmittels etwas entgegenzusetzen und das Qualitätsbewusstsein zu schärfen. Es geht ihm darum, dass Fleisch generell bewusster konsumiert wird. Wenn das Stück Fleisch vor einem auf dem Teller liegt, fehle in der Regel der Bezug zu dem Tier, das dafür sterben musste. Dem sollte man aber eine gewisse Wertschätzung entgegenbringen, sagt er. Gerade, was die Kritik an Massentierhaltung angeht, könne er viele Argumente von Vegetariern und Veganern durchaus nachvollziehen – auch wenn die Schlussfolgerungen andere sind: kein Verzicht, sondern bessere Bedingungen und damit auch bessere Qualität. Das wird auch für viele Kunden immer wichtiger.

Um sein Wissen zu teilen, hat Philipp Winters in den vergangenen Monaten bereits firmenintern zahlreiche Schulungen gehalten. Ab Herbst will der Fleischsommelier auch Seminare für Kunden anbieten, in denen beispielsweise anhand eines Rinderrückens erklärt wird, was alles passieren muss, bis ein Steak serviert wird, wo welches Teilstück sich genau befindet und auf welche Arten man es zubereiten kann.

Auf die Frage nach seinen eigenen Lieblingsgerichten nennt Philipp Winters gleich mehrere Favoriten. Trocken gereiftes Schweinefleisch sei eine tolle Sache, aber auch das sogenannte Bürgermeisterstück, ein besonders zartes Teil vom Rind, das früher für die Dorfchefs oder Pastoren reserviert war. Es muss aber gar nicht immer etwas Ausgefallenes sein. Weit oben in der Rangliste von Philipp Winters steht der hausgemachte Braten von Oma.