Merken

Der falsche Heilpraktiker

Ein 42-Jähriger soll ohne Lizenz Patienten behandelt haben. Nun ermittelt er angeblich selbst für die Justiz.

Teilen
Folgen
© Archivfoto: Egbert Kamprath

Von Alexander Schneider

Ist er ein Hochstapler im Stile eines Gert Postel? Ein 42-jähriger Angeklagter soll mehrere Jahre ohne Zulassung als Heilpraktiker Patienten behandelt und therapiert haben. Seit Mittwoch steht der gelernte Fernsehtechniker Marko P. aus Brandenburg vor dem Amtsgericht Dresden. Unter anderem soll sich der Mann auch als ehemaliger Strafrichter ausgegeben haben, um an das Geld von Handwerkern zu kommen. Darüber hinaus habe er einen gebrauchten Renault Kangoo gekauft, aber sei den Preis, 3 500 Euro, schuldig geblieben – und habe später in einem Zivilprozess falsche Angaben darüber gemacht.

Der Angeklagte war mehrere Jahre Betreiber der Pension „Glückspilz“ im Altenberger Ortsteil Schellerhau. Dort habe er auch seine Praxis betrieben und Behandlungen durchgeführt. Er bestreitet jedoch sämtliche Vorwürfe. Er habe lediglich Wellness-Massagen angeboten. Im Juni 2012 habe er zu Unrecht für mehr als 100 Tage in Untersuchungshaft gesessen, klagte er zum Prozessauftakt. Den Fragen des Staatsanwalts wich er jedoch aus.

Verfolgungsfahrt im Kangoo

So schwieg der Angeklagte etwa auf die Frage, ob er derzeit in Zwickau als Sachverständiger forensische Dienstleistungen wie Brandursachen-Ermittlungen, Untersuchungen von Alarmanlagen, Handschriften-Gutachten oder Computerauswertungen für die Justiz anbiete. Aus P.s Facebook-Profil geht hervor, dass er das umstrittene Büro kurz nach seiner U-Haft-Entlassung gegründet haben muss. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist auch diese Tätigkeit des Angeklagten inzwischen Gegenstand eines neuen Ermittlungsverfahrens. Insofern darf man sich also gerne an den gelernten Briefzusteller Gert Postel erinnert fühlen, der sich Jahre als Arzt und Psychiater ausgegeben hatte.

Auch der Hamburger Geschäftsmann Willi D. (68) wähnte sich in einer Arztpraxis, als ihm P. im „Glückspilz“ seine Behandlungsräume zeigte. Damals habe P. angeblich ein Hotel in der Nähe gesucht, um dort seine vielen Patienten für die ein- und zweiwöchigen Behandlungen unterbringen zu können. Das sagte Willi D. am Freitag als Zeuge in dem Prozess. Seiner Tochter war ein Pächter abgesprungen, sodass D. die Immobilie gerne an den Angeklagten verpachtet hätte. „Ein Bettenhaus für eine Klinik, das wäre was“, sagte D., viele kleine Hotelbetreiber hätten damals Probleme gehabt, ihre Häuser auszulasten. P. habe einen guten Eindruck auf ihn gemacht, selbst als der Angeklagte angeboten habe, auch ihm den Darm auszuspülen.

Dass es sich bei P. vielmehr um einen Betrüger handeln könnte, sei ihm erst später klar geworden – als es ums Geld ging. So habe der Angeklagte einen gebrauchten Renault übernommen – ihn aber nie bezahlt. Erst Jahre später wurde die damalige Ehefrau des Angeklagten in einem Zivilprozess zur Zahlung verurteilt.

Marko P. hat im August 2010 für Schlagzeilen gesorgt, als er mit eben diesem ergaunerten Renault Kangoo einen betrunkenen Autofahrer verfolgt hatte, der sich ihm zuvor als GEZ-Mitarbeiter vorgestellt hatte, um Rundfunkgebühren einzutreiben.

Die frühere Ehefrau hat im Prozess nun von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Eine Rentnerin aus Pirna berichtete, sie habe sich von P. behandeln lassen, weil der ihr von anderen Patienten empfohlen worden war. Über die Leistungen könne sie sich nicht beklagen, sie sei später überrascht gewesen, dass P. keine Zulassung habe, sagte die 76-Jährige.

Marko P. ist aus ganz unterschiedlichen Gründen gerichtserfahren. Er selbst sagte, er sei Schöffe am Landgericht Cottbus gewesen. Das muss jedoch lange her sein. Anfang der 2000er-Jahre wurde er unter anderem wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt. Er soll damals der Reichsbürger-Szene nahe gestanden haben. Weil mehrere Zeugen nicht erschienen sind, wird der Prozess fortgesetzt.