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Der Falkner geht

Hans-Peter Schaaf und der Forst trennen sich. Das Wildgehege Moritzburg verliert damit nicht nur die Flugshows.

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© Norbert Millauer

Von Sven Görner

Moritzburg. Wer Adler, Falken und Co. im majestätischen Flug auf der Brandwiese im Wildgehege erleben will, muss sich beeilen. Denn die täglichen zwei Greifvogelvorführungen gibt es dort nur noch bis zum Monatsende. Was danach auf der Fläche beim Rotwild passiert, ist derzeit reichlich ungewiss.

Vor dem Auszug: Wie die Uhus werden auch die anderen Vögel verschwinden. Die Volieren bleiben dann leer.
Vor dem Auszug: Wie die Uhus werden auch die anderen Vögel verschwinden. Die Volieren bleiben dann leer. © Archiv/Norbert Millauer
Vor dem Einsturz: Einen richtigen Winter hätten die beiden großen Gehege nicht überstanden.
Vor dem Einsturz: Einen richtigen Winter hätten die beiden großen Gehege nicht überstanden. © Sven Görner

Dass es zwischen dem Sachsenforst, das Wildgehege gehört zum Forstbezirk Dresden, und dem Falkner Hans-Peter Schaaf kriselte, war schon seit Längerem bekannt. Der damalige Forstbezirkschef Mario Marsch hatte den Falkner fast auf den Tag genau vor fünf Jahren ins Wildgehege geholt, um die Attraktivität der Anlage weiter zu erhöhen.

Damals war vereinbart worden, dass Schaaf vorhandene Volieren für seine Vögel nutzen kann und dafür Pacht an den Sachsenforst zahlt. So weit die Theorie.

In der Praxis sorgte diese Vereinbarung aber immer wieder für Streit. Denn der Zustand der Volieren ist zum Teil sehr schlecht. Die beiden größten – aus Holz und Drahtgeflecht – drohen sogar einzustürzen. Für den Falkner offenbar Grund genug, weniger zu zahlen als vereinbart.

Schon im vergangenen Herbst gab es Gerüchte, dass der Wahl-Moritzburger den Ort verlassen will. Hans-Peter Schaaf hatte diesen auf SZ-Anfrage allerdings widersprochen und gesagt: „Ich will auf jeden Fall in Moritzburg bleiben. Und am liebsten auch im Wildgehege. Allerdings, so räumte der 44-Jährige ein, sei das kaum zu den bisherigen Konditionen möglich. „Ich brauche eine vernünftige Vertragsgrundlage, um den Falknerhof wirtschaftlich betreiben zu können.“ Während in anderen Wildparks mit Falknerschauen Besucher meist nur einmal zahlen, werden die in Moritzburg dreimal zur Kasse gebeten. Auf dem Parkplatz, für den Eintritt ins Wildgehege und dann nochmals beim Falkner.

Hans-Peter Schaafs Hoffnung auf eine Neureglung haben sich nicht erfüllt. „Der Vertrag ist mit einem einvernehmlichen Vergleich zum 30. April aufgelöst worden“, sagt Markus Biernath, der Leiter des Forstbezirks Dresden. Der rechtliche Streit sei damit beigelegt. „Der Vergleich ist finanziell so untersetzt, dass Herrn Schaaf dadurch keine Einbußen entstehen.“

Der Forstmann räumt auf SZ-Nachfrage ein: „Die Haltung der Vögel hat uns Schwierigkeiten gemacht.“ Die Volieren müsse der Falkner daher zum Monatsende räumen. „Herr Schaaf hat aber weiterhin die Möglichkeit, in Abstimmung mit uns die jetzige Fläche gegen einen geringen Obolus für seine Vorführungen zu nutzen“, ergänzt Markus Biernath. Diese Absprache gelte zunächst für dieses Jahr.

„Ich weiß noch nicht, inwiefern ich diese Möglichkeit nutzen werde“, sagt Hans-Peter Schaaf zur SZ. „Vielleicht ein-, zweimal im Monat am Wochenende. Aber eine Perspektive sehe ich hier nicht mehr, was sehr schade ist.“ Wie der Moritzburger sagt, sei er gerade dabei, sich umzusehen, um woanders einen neuen Falknerhof aufzubauen.

Auch Moritzburgs Bürgermeister Jörg Hänisch (parteilos) bedauert diese Entwicklung. „Ich finde das sehr schade. Denn die Falknerei gehört zur Tradition Moritzburgs und passt somit eigentlich auch ins Wildgehege.“ Wie der Rathauschef weiter sagt, hätten sich in den vergangenen Wochen viele Moritzburger Gedanken gemacht, wie Hans-Peter Schaaf mit seinen Greifvögeln im Ort eine Zukunft haben könnte. Offenbar aber vergebens.

Für das Wildgehege bedeutet der Weggang des Falkners auch, dass mit einem Schlag acht von 30 Gehegen frei werden. Rechnet man die beiden stark verfallenen Volieren weg, sind es immer noch sechs. Markus Biernath: „Diese entsprechen ohnehin nicht mehr den heutigen Vorstellungen zur Tierhaltung. Dort wieder Tiere unterzubringen, würde wohl eher Kritik hervorrufen.“ Und auf die weitere Haltung von Vögeln habe man vor ein paar Jahren bewusst verzichtet. „Wegen der Vogelgrippe und auch weil uns das Personal dafür fehlt.“

Perspektivisch sollen die Volieren abgerissen werden und so Platz für neue, moderne Anlagen machen. „Eine erste Umgestaltung soll möglichst noch dieses Jahr beginnen‘“, so der Forstmann. Bisher sei der Bau aber nicht finanziell abgesichert. Nutznießer des Neubaus werden voraussichtlich die Wildkatzen sein. Die Falknerfläche, auf der unter alten Eichen massive Holzbänke stehen, soll künftig für verschiedene Angebote genutzt werden, so auch künstlerische und waldpädagogische.