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Den Pegel fest im Blick

Ralf Korte beobachtet für das Schifffahrtsamt die Elbe. Er weiß, wann Schiffe fahren können – und wann besser nicht.

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© Kristin Richter

Von Franz Werfel

Ganz ruhig fließt die Elbe vor sich hin. Die Sonne knallt auf den Strom, keine Welle setzt seine Oberfläche in Bewegung. Die Steine am Pirnaer Ufer liegen blank. 108 Zentimeter zeigt die Pegellatte am linkselbischen Ufer. Niedrigwasser.

Zum Pirnaer Elbepegel hat Ralf Korte eingeladen. Der studierte Bauingenieur arbeitet für das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt des Bundes in Dresden. Dort leitet Ralf Korte den Außenbezirk Dresden. Mit seinem Team ist er für den ersten Elbeabschnitt auf deutscher Seite verantwortlich. Der geht von der Grenze bei Schöna bis zum Elbekilometer 70 an der Brücke in Dresden-Niederwartha. Die Beamten müssen kontrollieren, ob alle Schifffahrtszeichen gut zu erkennen sind und ob die Fahrrinne frei liegt oder ausgebaggert werden muss. Ihre wichtigste Aufgabe ist aber, den Wasserstand so zu messen, dass die Schiffer wissen, ob sie auf der Elbe fahren können. Dafür sind die Pegelstände wichtig.

„Der Pegel sagt über die tatsächliche Wassertiefe oder die flachste Stelle in der Fahrrinne gar nichts aus“, sagt Ralf Korte. Das würden viele Menschen falsch interpretieren. In Pirna steht der Pegel zurzeit bei 1,08 Metern, in Dresden sind es derzeit 69 und in Schöna 83 Zentimeter. „Die Pegel wurden früher für jede Messstelle willkürlich festgelegt“, sagt Ralf Korte. Schwankungen sind ohne Weiteres also nur für jeden einzelnen Messpunkt ablesbar. An der deutschen Elbe, die von Schöna bis Cuxhaven 727 Kilometer lang ist, gibt es insgesamt 66 Messpunkte.

In Pirna hat das Schifffahrtsamt auch ein eigenes Betriebshäuschen. Eine schmale Außentreppe führt in den Messraum. Neben Schubkarren und Schippen hängt an der Wand der elektronische Pegelmesser. Rhythmisch blubbert das Messgerät. „Neben unserer Pegellatte messen wir den Pegel auch mit Druckluft“, sagt Ralf Korte. Von dem grauen Kasten läuft ein dünnes, weißes Kabel in die Erde. Und von dort weiter bis unter die Elbe. Etwa 20 Meter vom Ufer entfernt mündet es auf dem Elbgrund. „Eine Pumpe pumpt Wasser durch das Kabel. Je nachdem, wie hoch die Elbe steht, desto mehr Kraft muss die Pumpe aufwenden“, sagt Ralf Korte. So berechnet das Gerät den Pegelstand. Im Zweifel orientieren sich die Experten aber an der analogen Pegellatte. Einmal im Monat wird ihr Wert mit dem elektronischen abgeglichen.

Neben den großen Elbepegeln spielt der in Pirna aber nur eine untergeordnete Rolle. „Er ist wichtig für Hydrologen und Langzeitmessungen“, sagt Ralf Korte. „Und natürlich für die Stadt Pirna.“ Sollte sie von einem Hochwasser heimgesucht werden, würde sich die Stadtverwaltung zuerst am eigenen Pegel orientieren.

Für Personen- und Containerschiffe, die zwischen der tschechischen Grenze und Dresden pendeln, ist der Pegel in Schöna entscheidend. Er liegt derzeit bei 0,83 Metern. „Alle zwei Wochen fahren wir mit unserem Motorboot die Strecke zwischen Schöna und Dresden ab“, sagt Ralf Korte. Während dieser Fahrt schickt ein Echolot permanent Signale auf den Grund der Elbe – und vermisst so ihre Tiefe. „Mit dieser Messung wollen wir die flachste Stelle innerhalb der Fahrrinne bestimmen“, sagt Korte. Diese ist für die Kapitäne entscheidend, damit ihre Schiffe nicht auf Grund laufen. Die Fahrrinne der Elbe ist bei einer durchschnittlichen Flussbreite von rund 90 Metern mit 40 Metern relativ eng. Treffen zwei größere Schiffe aufeinander, wird das Navigieren zur Kunst.

Der Code, den Ralf Korte alle 14 Tage nach einer Echolotmessung herausgibt, lautet dann etwa: Schöna plus 33 Zentimeter. So wissen die Schiffer, dass die flachste Stelle innerhalb der Fahrrinne zwischen Schöna und Dresden derzeit 1,16 Meter beträgt. „Das heißt aber auch nicht, dass man die Elbe durchwaten könnte“, warnt Korte. Der Boden arbeite ständig, innerhalb der Fahrrinne gebe es große Schwankungen der Wassertiefe. „Doch schon morgen kann der Pegel wieder anders sein“, sagt er. Dementsprechend verändert sich auch die flachste Stelle auf dem Streckenabschnitt. Bis zu einer Wassertiefe von 0,90 Metern können auch große Elbdampfer fahren. Hotelschiffe liegen einen Meter im Wasser, Containerschiffe noch etwas mehr.

Langfristige Prognosen interessieren die Leute vom Schifffahrtsamt nicht. „Wir sind ja keine Meteorologen“, sagt Ralf Korte. Für ihn wichtig sind die Daten, die von den tschechischen Pegeln kommen. „So kann ich für den Elbeabschnitt bis Dresden genau zwei Tage in die Zukunft schauen.“

Ein Fahrverbot spricht er nur bei Hochwasser aus, bei Niedrigwasser ist jeder Kapitän für sein Schiff selbst verantwortlich. „Wenn der Pegel in Dresden die Fünf-Meter-Marke übersteigt, fährt auf der Elbe kein einziges Schiff mehr“, sagt Ralf Korte. Dann würden die Schiffe nicht mehr durch die Brücken passen. Der höchste gemessene Pegel in Dresden beim Hochwasser 2002 betrug 9,40 Meter.

Das Schifffahrtsamt aktualisiert die elektronischen Pegelstände permanent im Internet: www.pegelonline.wsv.de