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DDR lebt in Straßennamen weiter

Immer noch lebt die DDR in einigen Straßennamen fort. Doch die meisten sind mittlerweile aus dem Stadtbild verschwunden. Um die Umbenennungen gibt es immer wieder Streit.

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Von Christiane Raatz

Dresden. Auch mehr als 20 Jahre nach der Wende leben manche Helden der DDR auf den Straßenschildern weiter: Ernst Thälmann, Rosa Luxemburg oder Karl Marx sind mancherorts in Sachsen immer noch zu finden. Allerdings wurden die meisten Straßennamen in den vergangenen Jahren durch neue ersetzt, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab. Ob Leninstraße oder Platz der Deutsch-Sowjetischen-Freundschaft - nach 1990 sind sie aus politischen Gründen meist rasch aus dem Stadtbild verschwunden.

So wurden etwa in Dresden nach der Wende rund 300 Straßen, Brücken und Plätze umbenannt. Seitdem heißt zum Beispiel der ehemalige Platz der Thälmannpioniere Alaunplatz, aus der Georgi-Dimitroff-Brücke wurde wieder die Augustusbrücke. „Nach den neuen politischen Ansichten waren viele Namen nicht mehr erwünscht“, erklärte eine Sprecherin der Stadt. Immer wieder gehen auch heute noch Vorschläge ein, bestimmte Straßen umzubenennen und damit bekannte Persönlichkeiten zu ehren. Eine Änderung sei allerdings immer mit hohem Aufwand verbunden und müsse gut überlegt werden, hieß es.

500 Umbenennungen in Leipzig

Erst kürzlich gab es den Vorschlag, den Fetscher-Platz umzubenennen. Namensgeber und Mediziner Rainer Fetscher soll Beziehungen zu den Nationalsozialisten gehabt haben, Euthanasie-Vorwürfe wurden laut. „Aktuell sehe ich aber keine Notwendigkeit für eine Umbenennung“, sagte Thomas Kübler, Leiter des Stadtarchivs Dresden. Belege gebe es keine. Sämtliche Straßen, die einen eindeutigen Bezug zur Nazi-Zeit oder zum DDR-Regime hätten, seien umbenannt worden.

Auch in Leipzig gibt es derzeit Diskussionen um die geplante Umbenennung des Wilhelm-Leuschner-Platzes: Zum 25. Jahrestag der friedlichen Revolution am 9. Oktober 2014 soll hier das Leipziger Freiheits- und Einheitsdenkmal enthüllt werden. Geht es nach der Stadtspitze, trägt dann zumindest ein Teil des Platzes nicht mehr den Namen des von den Nazis ermordeten Widerstandskämpfers, sondern soll in „Platz der Friedlichen Revolution“ umbenannt werden. Gegner argumentieren, dass damit Leuschner und seine Leistung aus der Öffentlichkeit verbannt würden.

Seit 1990 tragen in der Messestadt mehr als 500 Straßen neue Namen, manche kamen nach Eingemeindungen doppelt vor, andere wiederum verschwanden aus politischen Gründen, wie etwa der Karl-Marx-Platz (heute Augustusplatz). Eine Rosa-Luxemburg-Straße gibt es in Leipzig aber heute noch ebenso wie den Ernst-Thälmann-Platz. Aktuell liegt dazu ein Antrag der Grünen vor, letzteren in Volkmarsdorfer Markt umzubenennen.

Karl-Marx-Straße bleibt

Im Chemnitzer Stadtgebiet gibt es insgesamt 1.377 Straßennamen, seit der Wende wurden 111 Straßenzüge umbenannt, die an das alte Regime erinnerten. So ist etwa die Wilhelm-Pieck-Straße längst von den Straßenschildern getilgt.

In Radebeul liegt gleich neben der August-Bebel-Straße die Karl-Marx-Straße. „Eine Umbenennung stand aber nie zur Diskussion“, erklärte Oberbürgermeister Bert Wendsche (parteilos). Marx sei ein anerkannter Philosoph, der auch als Namensgeber für Straßen in den alten Bundesländern diene. Das habe nicht damit zu tun, dass die „Ossis immer noch am Sozialismus festhalten“, sagte Wendsche. In Zwickau vermitteln nur der Astronomen- und der Sputnikweg noch einen Hauch von DDR. Bis heute wurden 99 Straßennamen geändert, etwa die Hälfte davon, um die „politische Einseitigkeit zwischen 1946 und 1989 zu korrigieren“, wie die Stadtverwaltung mitteilte. (dpa)