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DDR-Flüchtlinge im Zugwaggon

Eine geplante Gedenkstätte in Nossen hat einen prominenten Unterstützer. Doch noch fehlt das Wichtigste.

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© Claudia Hübschmann

Von Nina Schirmer

Nossen. Es ist ein klappriger Holztritt, über den der Bundesinnenminister am Montagmorgen in einen dunkelblauen Waggon steigt. Auf einem stillgelegten Gleis hinter dem Nossener Bahnhof. Thomas de Maizière (CDU) möchte sich informieren. Wie geht es mit dem Aufbau der Gedenkstätte „Zug in die Freiheit“ voran?

DDR-Flüchtlinge 1989
DDR-Flüchtlinge 1989 © AP/Udo Weitz

Da stockt es gerade. Es gibt ein größeres Problem. Aber vielleicht kann der Minister ja helfen?

Die Schau soll an die Flucht ehemaliger DDR-Bürger im Sommer 1989 erinnern. In der Hoffnung auf Ausreise in den Westen besetzten sie Botschaften der Bundesrepublik in sozialistischen Ländern. Besonders die Prager Botschaft erlangte mit über 4 000 Menschen, die dort wochenlang unter dramatischen Bedingungen ausharrten, Berühmtheit. Als Außenminister Hans-Dietrich Genscher auf dem Balkon die Ausreisegenehmigung verkündete, gingen seine Worte im Jubel unter. Ein historischer Moment in der deutschen Geschichte.

Mit Sonderzügen kamen die DDR-Flüchtlinge über Bad Schandau, Dresden, Karl-Marx-Stadt und Plauen nach Hof. Diese Geschichte soll nun ins Museum kommen, in einen Zug am Nossener Bahnhof. Innenminister de Maizière will den Aufbau der Gedenkstätte in seinem Wahlkreis unterstützen. Er hat Kontakte zur Deutschen Bahn, die für das Museum wichtig sind. Mit ihr gibt es auch das Problem.

Denn noch fehlt das Kernstück der Ausstellung: der Waggon. „Die Bahn will 20 000 Euro für einen ausrangierten Zug“, sagt Timm Hoffmann, Vorsitzender der IG Dampflok Nossen, die das Projekt organisiert. Der Waggon, in dem der Minister empfangen wird, gehört dem Verein nicht, darf nur ausnahmsweise genutzt werden. Wer die alten Züge der Bahn denn sonst kauft, will de Maizière wissen. „Der Schrotthändler“, sagt Hoffmann. „Die Bahn erhält 3 000 Euro pro Zug.“

Von den Nossenern fordere das Unternehmen aber viel mehr, klagt er dem Politiker sein Leid. Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden über das Projekt sprechen. Vor zwei Jahren kommt Hoffmann in die Sprechstunde des Ministers, um ihm seine Idee vorzustellen. „Da war so viel Begeisterung in seinen Augen“, sagt De Maizière. Die Eisenbahnfreunde seien im guten Sinne besessene Leute in der Heimatpflege.

Der Minister will helfen, will einen Waggon organisieren. Er selbst habe die Ereignisse 1989 mit „bangendem Herzen“ verfolgt. „Es waren ja auch Proteste in Dresden damit verbunden.“ De Maizière arbeitet zu dieser Zeit als Leiter des Grundsatzreferates der Senatskanzlei des Landes Berlin. „Natürlich war es nicht das Ziel, dass alle die DDR verlassen“, so der Minister. „Aber mit diesen Aktionen hat die Friedliche Revolution im Inneren begonnen.“

In Nossen will es der Innenminister dann noch ganz genau wissen: Wie viele der alten Wagen von damals gibt es noch? Muss der Waggon vom TÜV abgenommen werden? Gibt es Nachbarn, die sich von der Gedenkstätte gestört fühlen könnten?

Das Gelände hat er Verein von der Deutschen Bahn schon gekauft. Jetzt hoffen die Eisenbahner, dass der Minister seine Kontakte spielen lässt und ein kostengünstiger Waggon dabei herausspringt. Bei den Vereinsmitgliedern ist die Hoffnung groß. Immerhin hat de Maizière mit dem ehemaligen Bahnchef Rüdiger Grube schon eine Lok für das Museum organisiert.

Die Ausstellung für den Zug werden Studenten der Hochschule Mittweida gestalten. Das Verkehrsmuseum Dresden will Wachspuppen beisteuern. Mit ihnen soll nachgestellt werden, wie es in den Zügen damals aussah. Damit der 26 Meter lange Waggon geschützt ist, soll eine Leichtmetallhalle für rund 150 000 Euro gebaut werden. Die Eröffnung ist in drei Jahren geplant.

Dann soll es auch einen zusätzlichen Zug geben, der nicht fest in Nossen steht, sondern mit einer Ausstellung an Bord in verschiedene deutsche Städte fahren kann. Das war der Wunsch des Bundesinnenministers.