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Das umstrittene Geschäft mit dem Altpapier

Kleine Händler geben für alte Zeitungen Geld. Nun will der Abfallzweckverband dies einigen verbieten.

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© Karl-Ludwig Oberthuer

Von Annett Heyse

Freital/Dippoldis-walde. Manchmal ist es gar nicht so schwer, ein paar Münzen zu verdienen. Man nehme alte Zeitungsstapel und bringe zu einer der Sammelstellen, wie es sie in Freital, Heidenau oder Dippoldiswalde gibt. Für ein Kilo Altpapier gibt es hier sechs bis sieben Cent. Es ist ein kleines Plus im Geldbeutel oder in der Spardose von Kindern. Und es ist ein großes Ärgernis für den Abfallzweckverband – auch wenn er das offiziell nicht zugibt. Denn das Altpapier ist ein Geschäft, in dem viele mitmischen und um das nun vor Gerichten gekämpft wird.

© SZ

Frank Kiesel betreibt eine Aufkaufstelle im Freitaler Mühlenviertel. Für ein Gespräch habe er leider keine Zeit. „Zu viel zu tun“, sagt er. Außerdem befürchtet er, durch einen Zeitungsartikel noch mehr ins Licht der Öffentlichkeit zu geraten. „Ich schaffe es so kaum noch. Die Leute rennen mir die Bude ein.“ Fünf Tage die Woche hat er geöffnet und zweimal im Monat auch sonnabends. Viele Sammler fahren bei ihm mit dem Auto vor und haben so viel geladen, dass sie es gar nicht mit den Händen zur Waage bringen können. Dann stehen große Gitterboxen bereit, in welche die Kunden ihre Zeitungen, Zeitschriften und Kataloge legen. Schnell kommen so Summen im zweistelligen Bereich zusammen.

Einkommen für Schulen und Kitas



Altpapiersammlungen sind nicht nur in Familien wieder populär geworden. Auch Kindereinrichtungen profitieren davon, dass es Abgabestellen gibt. So beispielsweise die Grundschule Glashütte. „Wir machen das seit vielen Jahren“, berichtet Schulleiterin Uta Schneider. Die Schule hat einen Vertrag mit der Paka Glashütte, einem Unternehmen, das Altpapier zu Kartons und Kartonagen verarbeitet. Die Schüler, Eltern und Großeltern bringen ihre Papierabfälle monatlich direkt zur Paka, die wiegt die Mengen und schreibt der Schule das Geld gut. Allein im Dezember 2017 kamen 3 950 Kilogramm zusammen. „Der Erlös geht zur Hälfte in die Klassenkassen, die andere Hälfte bekommt der Förderverein“, berichtet Schneider. Von dem Geld werden dann kleine Wünsche erfüllt: T-Shirts für jedes Kind im Schuldesign zum Beispiel. Auch hatten sich die Glashütter vor einiger Zeit eine neue Musikanlage angeschafft – finanziert mithilfe des Altpapiererlöses.

Private und kommunale Annahmestellen (Auswahl)

Freital: Kunze Schrott- und Metallhandel, Tharandter Straße 200a (im Plauenschen Grund gegenüber Go-Tankstelle). Geöffnet montags bis freitags 7 bis 9 Uhr, 9.30 bis 12 Uhr und 12.30 bis 16 Uhr. Kilopreis 6 und 8 Cent.

Die Umladestationen des Abfallzweckverbandes in Freital (Saugrund) und Kleincotta nehmen kostenlos Altpapier an. Geöffnet montags8 bis 18 Uhr, dienstags, mittwochs, donnerstags, freitags 8 bis 16.30 Uhr, sonnabends 8 bis 12 Uhr.

Freital: Cash for Paper, Mühlenstraße 10. Geöffnet montags von 10 bis 15 Uhr, dienstags und donnerstags von 12 bis 17 Uhr, mittwochs und freitags von 9 bis 12 Uhr und jeden ersten und dritten Sonnabend im Monat von 9 bis 12 Uhr. Kilopreis fürs Altpapier derzeit 7 Cent.

Freital: Saxero, Dresdner Straße 213, Einfahrt über Leßkestraße. Geöffnet montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, außer mittwochs, da nur von 14 bis 18 Uhr.

Dippoldiswalde: Dippser Wertstoffhandel, Weißeritzstraße 3a. Geöffnet montags, dienstags, donnerstags 13 bis 17 Uhr, freitags 9 bis 13 Uhr und sonnabends 9.30 bis 11.30 Uhr. Kilopreis 6 Cent.

Wertstoffhof des Abfallzweckverbandes Dippoldiswalde, Alte Dresdner Straße 10. Geöffnet montags, mittwochs, freitags von 13 bis 18 Uhr, sonnabends von 8 bis 12 Uhr, kostenlose Annahme.

Wertstoffhof des Abfallzweckverbandes Altenberg, Zinnwalder Straße 5a. Geöffnet von April bis Oktober montags und freitags von 13 bis 18 Uhr, sonnabends von 8 bis 12 Uhr, kostenlose Annahme.

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Das Nachsehen hat der Abfallzweckverband Oberes Elbtal. Er sammelt Zeitungen, leere Pizzapackungen oder Knüllpapier über die blaue Tonne ein. Die Einnahmen aus dem Recycling kommen dem Verband und damit allen Bürgern zugute – sie subventionieren letztendlich die Abfallgebühren. Doch ausgerechnet das Altpapieraufkommen sinkt kontinuierlich. 2008 warfen die Bürger im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 13 434 Tonnen Altpapier in die Container. Pro Haushalt kamen im Durchschnitt 51 Kilogramm zusammen. 2012 war das Aufkommen bereits auf 11 831 Tonnen und 47,4 Kilogramm pro Haushalt gesunken. Für 2016 wies die Abfallbilanz des Zweckverbandes 11 349 Tonnen, also 45,9 Kilo pro Haushalt, auf.

Den Schwund begründet der Geschäftsführer des Abfallzweckverbandes, Raimund Otteni, vor allem mit einem veränderten Nutzungs- und Kaufverhalten der Bürger. „Die Menge an Zeitungen und Zeitschriften geht zum einen zurück, da zunehmend andere Informationskanäle genutzt werden“, sagt er. Zum anderen würden große Kataloge von Versandhäusern oder Ähnliches durch den Internethandel wegfallen. Immerhin bewirkt der Onlinehandel, dass mehr Pappen in die blauen Tonnen eingeworfen werden. Da rechnet der Verband sogar noch mit einer Zunahme. Allerdings sind Pappen sperrig, wiegen aber nicht so viel wie ein Paket Zeitungen.

Landen also die unattraktiven Papierabfälle in den Tonnen, während die Bürger das begehrte Zeitungspapier bei gewerblichen Annahmestellen zu Geld machen? „Das können wir nicht bewerten, da keine fortlaufende Analyse der Zusammensetzung des Inhaltes der Blauen Tonnen vorgenommen wurde“, sagt Otteni.

Dabei steht dem Verband laut Gesetz das gesamte Altpapier zu. „Altpapier aus privaten Haushalten ist grundsätzlich dem Zweckverband zu überlassen“, sagt Otteni. Das Kreislaufwirtschaftsgesetz lässt aber auch die gewerbliche Sammlung nicht nur von Altpapier zu, wenn die Behörden keine Bedenken gegen die Aufkaufstellen äußern. So hat die Landesdirektion im hiesigen Landkreis insgesamt 160 gewerbliche Sammlungen von Haushaltsabfällen registriert, vorrangig Altpapier, Altmetalle und Alttextilien. „Gewerbliche Sammlungen von getrennt gesammelten Abfällen aus privaten Haushalten dürfen nur eingeschränkt werden, soweit die Erfüllung der kommunalen Entsorgungsfunktion verhindert würde“, teilt Direktionssprecher Gunter Gerick mit.

Gegen die gewerblichen Aufkäufer gehen die Verbände seit Längerem gerichtlich vor. „Mehrere öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger erwarteten die Untersagung bestimmter gewerblicher Sammlungen“, sagt Gerick. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren haben einige Landkreise, kreisfreie Städte und Abfallzweckverbände den Freistaat verklagt. Für den Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sind derzeit sechs Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Dresden anhängig. Das Ziel sei es, so Pressesprecher Gerick, neun gewerbliche Sammlungen zu untersagen. Der Abfallzweckverband will sich mit dem Hinweis auf ein laufendes Verfahren dazu nicht äußern.