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Das Rote Kreuz soll verschwinden

Weil Rettungswagen im Kreis häufig aus Personalmangel nicht besetzt werden können, will der Landkreis sich offenbar eine neue Hilfsorganisation für den Rettungsdienst suchen.

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© Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

Meißen. Die Entscheidung, ob der Rettungsdienst im Landkreis auch weiterhin das rote Kreuz als Symbol tragen wird, fällt am Donnerstag. Nach SZ-Informationen, die von verschiedenen unabhängigen Quellen bestätigt wurden, tagen die Kreisräte in einer Sondersitzung in der sächsischen Verwaltungsfachhochschule in Meißen. Einziges Thema: der Rettungsdienst.

Der Rettungsdienst Meißen gGmbH, einer DRK-Tochter, soll der Vertrag gekündigt werden, sagen Insider. Grund sei, dass regelmäßig Rettungswagen, Notarzteinsatzfahrzeuge und auch Krankentransportwagen stehenbleiben, da sie aus Personalmangel nicht besetzt werden können (die SZ berichtete).

Das Amt für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen im Kreis unter Leitung von Frank Oßwald solle den Kreisräten zeitnah eine schriftliche Antwort auf deren Anfragen zur schlechten Situation im Rettungsdienst geben. In einer Stellungnahme zu den Problemen beim Rettungsdienst hatte Amtsleiter Oßwald Ende Oktober betont: „Der Rettungsdienst ist sichergestellt.“ Durch kontinuierliche Abstimmung zwischen Landkreis und allen Leistungserbringern im Rettungsdienst werde gewährleistet, dass alle Einsätze übernommen werden können und die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt ist. Kreis und Leistungserbringer arbeiteten intensiv an der Verbesserung der Personalsituation.

Doch Nachfragen bei DRK-Mitarbeitern ergaben, dass sich bisher nichts geändert hat – eher sei die Situation noch schlechter geworden. Seit Weihnachten blieben wieder regelmäßig Rettungswagen stehen, am vergangenen Wochenende zum Beispiel in Moritzburg, und auch in dieser Woche gab es bereits Fälle. Neue Kollegen seien bisher nicht eingestellt worden, erst im Januar habe wieder jemand gekündigt. „Die Unzufriedenheit ist groß“, sagen die Mitarbeiter. Über die nichtöffentliche Sonderkreistagssitzung waren sie bisher nicht informiert, hatten nur von anderen Organisationen gehört, dass „etwas im Busch“ sei. Die Probleme beträfen die Wachen in Meißen, Radebeul, Coswig und Moritzburg, in Großenhain soll es keine Schwierigkeiten geben.

Den Personalmangel erklärten die Verantwortlichen bisher mit der Umstellung der Ausbildung: Rettungsassistenten sollen künftig laut Gesetz durch Notfallsanitäter ersetzt werden. Deren Ausbildung dauert ein Jahr länger als die der Rettungsassistenten. Dadurch stehe seit Mitte 2014 und bis voraussichtlich September dieses Jahres kein direkter Nachwuchs an Fachkräften zur Verfügung.

Brancheninsider kritisieren jedoch, dass die neuen Notfallsanitärer beim DRK Sachsen trotz längerer Ausbildung nicht mehr als ein Rettungsassistent verdienen würden – wodurch sie sich oftmals für andere Stellen entschieden. Wer die Leistungen für den Rettungsdienst im Landkreis übernehmen könnte, ist noch nicht bekannt. Eine Kommunalisierung des Rettungsdienstes wie in Brandenburg könne es in Meißen aber nicht geben, machte Oßwald in seiner Stellungnahme von Ende Oktober klar. Das sächsische Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz schreibe zwingend die Vergabe der Leistung für Notfallrettung und Krankentransport auf der Basis eines Auswahlverfahrens mittels öffentlich-rechtlicher Verträge an private Hilfsorganisationen oder andere Leistungserbringer vor.

Der Rettungsdienst Meißen ist seit 2014 für die Notfallrettung und für Krankentransporte im Kreis zuständig. Bis Anfang 2014 hatte sich das DRK mit den Johannitern und dem Arbeiter-Samariter-Bund den Rettungsdienst geteilt. Durch neue Ausschreibungsrichtlinien mussten sich die Hilfsorganisationen danach für den Rettungsdienst bewerben. Das DRK hatte damals alle Ausschreibungen durch niedrig angesetzte Preise gewonnen. Die anderen Organisationen hatten betont, der Rettungsdienst sei mit solch geringen Kosten in der geforderten Qualität nicht leistbar, in einem Nachprüfungsverfahren konnten aber keine Verstöße festgestellt werden.