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Das Lottospiel mit der Geldkarte

Weil ihr Konto beim Zahlen nicht gedeckt war, landet eine Frau aus Zeithain vor Gericht. Dort zeigt sich: Die Masche hat System.

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© Symbolfoto dpa

Von Stefan Lehmann

Zeithain. Es ist ein unglückliches Versehen, was Marie F.* passiert ist. So jedenfalls erzählt die dreifache Mutter von den Ereignissen Mitte 2016, deretwegen sie nun in Riesa auf der Anklagebank sitzt. Es sei Anfang Juli gewesen, gerade hatte das Amt ihre monatliche Rente überwiesen. Die junge Frau ist alleinerziehend und kann wegen einer chronischen Krankheit nicht voll arbeiten gehen, daher ist sie oft knapp bei Kasse. Aber an diesem Tag habe sie ihren Kindern mal etwas Gutes bieten wollen – und sei in den Freizeitpark Plohn im Vogtland gefahren. Dort nimmt das Unheil seinen Lauf. „Eigentlich wollte ich die Eintrittskarten in bar bezahlen und im Park noch etwas für Essen und Getränke abheben“, erzählt die Zeithainerin. Doch dann erfährt sie, dass es dort keinen Geldautomaten gebe. Also habe sie sich entschlossen, den Eintritt doch mit der Geldkarte zu bezahlen.

Zu diesem Zeitpunkt war das Konto der 40-Jährigen auch noch gedeckt. Doch als der Betreiber des Freizeitparks die 120 Euro für die Karten schließlich einige Tage später abbuchen will, sind nur noch 106 Euro auf dem Konto. Weil die Frau über keinen Dispokredit verfügt, wird nichts abgebucht – und der Park-Betreiber stellt schließlich Anzeige wegen Betrugs. Gegen den Strafbefehl, der eine Geldstrafe von insgesamt 300 Euro vorgesehen hatte, hat die Frau nun beim Amtsgericht Einspruch eingelegt. Schließlich sei das Konto ja eigentlich gedeckt gewesen, als sie im Park bezahlt habe.

Doch was zunächst wie ein dummer Zufall wirkt, hat offenbar System. Das offenbart sich schnell, als Richterin Ingeborg Schäfer die junge Mutter nach ihren persönlichen Verhältnissen befragt. Rund 118 000 Euro Schulden stehen für die 40-Jährige schon zu Buche. Summen, die andere nicht einmal für einen Hausbau zusammenbekommen. Marie F. hat die Schulden über 20 Jahre hinweg und durch unzählige Kleinbeträge angehäuft, beginnend bei sechs Euro aufwärts. Allein in den drei Monaten rings um den Vorfall, der nun vor Gericht verhandelt wird, sind 18 Überweisungen am Ende nicht zustande gekommen, weil das Konto leer war – und das, obwohl in dieser Zeit auch der getrennt von ihr lebende Ehemann 1 000 Euro auf ihr Konto überwiesen hat. Mittlerweile habe sie Privatinsolvenz beantragt, um überhaupt aus der Schuldenfalle herauszukommen, sagt die Frau. 100 Euro habe sie mittlerweile auch schon überwiesen, um die Last beim Freizeitpark zu begleichen.

Die Richterin jedenfalls glaubt nicht daran, dass die Sache im Freizeitpark ein Versehen war. „Meine Interpretation der Sache ist eher: Das war Ihnen egal.“ Im Grunde sei es für die Gläubiger eine Art Lottospiel gewesen, die Frau mit der EC-Karte bezahlen zu lassen. Eigentlich „eine Unverschämtheit gegenüber allen, denen Sie die EC-Karte hinhalten“, sagt Ingeborg Schäfer in aller Deutlichkeit.

Das sieht auch die Staatsanwältin so – gibt aber den gut gemeinten Hinweis, die Angeklagte könne ihren Einspruch gegen den erteilten Strafbefehl zurückziehen. Günstiger werde es bei einem Urteil des Amtsgerichtes definitiv nicht. Am Ende stimmt die Zeithainerin dem Urteil zu. „Eigentlich kann man Ihnen nur raten, ausschließlich mit Bargeld zu bezahlen“, rät die Staatsanwältin noch. „Die Karte ist gefährlich für Sie.“

Name geändert.