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„Das Hurrikan-Auge war über uns“

Riesas Ex-OB Wolfram Köhler wohnt in Fort Myers/Florida. Jetzt berichtet er, wie er den Wirbelsturm Irma erlebt hat.

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Herr Köhler, Sie leben in der Evakuierungszone. Haben Sie und ihre Familie ihr Haus in Fort Myers verlassen?

Ja, zeitweise. Wir hätten in eine Notunterkunft gehen können. Aber wir haben uns dagegen entschieden.

Hatten Sie Angst vor Plünderungen?

Weniger. Uns kam es darauf an, nach dem Hurrikan schnell wieder zu Hause zu sein. Zwar sind die meisten Notunterkünfte besser ausgestattet – mit Strom, Fernsehen und Internet – aber die nächste ist sieben Kilometer weit weg. Eine solche Entfernung legt man nach einem Hurrikan nicht mal eben so zurück. Hunderte Bäume sind umgefallen, viele Straßen sind gesperrt. Das Wasser steht zum Teil einen halben Meter hoch.

Wo haben Sie dann Schutz gesucht?

In einem Laden, der etwa zwei Kilometer von unserem Haus entfernt liegt. Das Auge des Hurrikans war in der Nacht direkt über uns. Da hat man schon Angst, obwohl man eigentlich weiß, dass nichts passieren kann, wenn man ein festes Dach über dem Kopf hat. Soweit ich das jetzt schon überblicken kann, sind die meisten Nachbarn wie wir in der Nähe geblieben.

Wolfram Köhler, Riesas Ex-OB.
Wolfram Köhler, Riesas Ex-OB.

Wieso haben Sie sich in einem Laden sicherer gefühlt als zu Hause?

Eben weil der Laden ein massiveres Dach hat als unser Haus. Das Dach ist der neuralgische Punkt während eines Hurrikans. Wenn es wegfliegt, ist man schutzlos. Das will man natürlich unter allen Umständen vermeiden. Aber sowohl das Dach des Ladens als auch das unseres Hauses haben standgehalten.

Wie groß sind die Schäden?

Die Schäden liegen im Rahmen des erwartbaren. Insgesamt sieht alles reparabel aus: Das Dach ist beschädigt, überall ist Wasser, wir sind von der Stromversorgung abgeschnitten. Mich erinnert das an die Flut 2002 in Riesa. Aber damit muss man rechnen, wenn man in ein Hurrikan-Gebiet wie Florida zieht.

Wer bezahlt die Schäden?

Das ist eine typisch deutsche Frage. Darüber mache ich mir später Gedanken.

Wie haben Sie ihr Haus vor Irma geschützt?

Wir haben etwa die Fenster mit Panelen gesichert. Diese Platten gibt es genormt zu kaufen. Da fängt niemand an, seine Fenster mit einzelnen Brettern zu vernageln.

Wie viele Hurrikans haben Sie schon erlebt?

Dies war jetzt unser dritter Hurrikan. Die anderen sind 2004 und 2005 über uns weggefegt. Aber keiner war so schlimm wie Irma jetzt.

Haben Sie das Gefühl, die Behörden wissen, was sie tun?

Ich habe die Flut 2002 in Riesa gemanagt. Daher weiß ich, was das bedeutet. Mit diesem Wissen kann ich nur sagen: Hut ab vor den Behörden. Die Aufräumarbeiten haben gleich begonnen, als der Hurrikan abgezogen war. Das Faszinierende daran ist ja, dass der Sturm von einer Sekunde auf die andere aufhört – als hätte jemand einen Schalter umgelegt.

Was denken Sie, wie lang es dauern wird, bis der Strom wieder da ist?

Das ist schwer zu sagen. Nach dem letzten Hurrikan hatten manche Gebiete eine Woche lang keinen Strom, andere 14 Tage. Es könnte aber genauso gut sein, dass wir morgen wieder angeschlossen sind.

Das Gespräch führte Britta Veltzke.