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Das Hanf aus dem Wettiner-Wald

Spaziergänger haben in der Nähe des früheren Hotels Seefrieden über 170 Hanfpflanzen entdeckt. Ob es sich um eine illegale Plantage handelt, ist nicht sicher.

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© morgenpost sachsen

Von Sven Görner

Meist ist es der Zufall, der die Polizei auf illegale Hanfanpflanzungen stoßen lässt. Mal ist es ein geplatzter Wasserschlauch in einem Mietshaus in Radebeul. Mal ein Pilzsammler, der durchs Dickicht der Dresdner Heide kriecht. Oder ein Fotograf, der in einem Steinbruch bei Pirna auf Motivsuche ist. Am Mittwoch waren es Spaziergänger, denen die Pflanzen mit ihren markanten Blättern auffielen. Zunächst glaubten sie noch, es wären Zierpflanzen, die irgendwie in den Wald geraten sind. Doch die herbeigerufene Polizei bestätigte dann den aufkommenden Verdacht.

Wie Polizeisprecherin Jana Ulbricht gestern auf Nachfrage erklärte, wurden über 170 Hanfpflanzen aus dem Waldboden gerissen und sichergestellt. Die Gewächse waren zwischen 15 und 120 Zentimeter groß. Ob die Pflanzen gezielt in den Boden gebracht wurden oder eher zufällig dort gewachsen sind, lässt sich derzeit allerdings noch nicht sagen. „Versteckt lag die Stelle nicht gerade“, sagte Jana Ulbricht. Allerdings gab es auch schon Fälle, bei denen Cannabis bewusst in aller Öffentlichkeit angebaut wurde, weil die Drogen-Gärtner darauf setzten, dass die Pflanzen so am wenigsten auffallen. So geschehen vor ein paar Jahren im Kreisverkehr in Coswig.

Reste von Vogelfutter?

Meist werden derartige illegale Pflanzungen aber sehr akkurat und gut getarnt angelegt. Die Stelle im Wald in der Nähe der Volkersdorfer Straße ist nach Aussagen der Polizei offenbar eine Art Dreckplatz, an dem möglicherweise auch Gartenabfälle entsorgt werden. „Jedenfalls wuchsen dort neben dem Hanf auch viele andere Pflanzen, die nicht in den Wald gehören“, sagte Jana Ulbricht. So auch Goldrute, Getreide und anderes. Daher ist es gut möglich, dass die Hanfpflanzen aus Samen gewachsen sind, die mit Resten von Vogelfutter dorthin gelangten. Dann würde es sich aber vermutlich um eine Sorte handeln, deren Genuss keine Rauschwirkung erzeugt. Denn die in den letzten Jahren gezüchteten Nutzhanfsorten – sie finden beispielsweise als Biomasse, in der Baustoff- und Bekleidungsindustrie Verwendung – weisen nur noch einen sehr geringen Gehalt an Tetrahydrocannabinol (THC) auf. Dessen Höhe ist entscheidend, ob es sich um Drogen-Pflanzen handelt. Um den THC-Wert ermitteln zu können, werden die sichergestellten Hanfpflanzen jetzt getrocknet.

Die besagte Fläche gehört vermutlich zum Wald Gisela von Sachsens. Diese Flächen werden anders als die über 1 000 Hektar Wald im Friedewald und in der Kienheide nicht von der in Radeburg ansässigen Wettinischen Forstverwaltung bewirtschaftet. „Ich bin froh, dass wir damit nichts zu tun haben“, sagte gestern Rüdiger von Sachsen, der gerade in Holland unterwegs ist.

Probleme mit waldfremden Pflanzen hat die Wettinische Forstverwaltung dennoch zur Genüge. Denn auch im Friedewald werden immer wieder Gartenabfälle illegal entsorgt. Exotische Pflanzen wie der japanische Staudenknöterich machen sich so ungehindert breit und verdrängen dadurch weitgehend die heimischen Waldbodenpflanzen wie Brennnesseln, Brombeeren, Farne oder Klee.