Merken

Das Geschäft mit Garagen

Die Stadt Pulsnitz will einer Unsitte jetzt ein Ende bereiten. Kamenz kennt solche Probleme nicht.

Teilen
Folgen
© René Plaul

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Da bekam Garagenmieter Müller* große Augen: Als Mitarbeiter des Ordnungsamtes vor seinem Auto-Unterstand auftauchten, um diesen zu räumen. Aber auch die Ordnungshüter staunten nicht schlecht. Denn Herrn Müller hatten sie dort nicht erwartet, sondern einen ganz anderen Mieter. Den seit Langem säumigen Vertragspartner für jene Garage. Der Fall ließ sich zugunsten der Müllers klären, offenbarte aber ein grassierendes Problem: Das illegale Geschäft mit Garagen und deren Untervermietung in Pulsnitz, das laut Stadt mittlerweile Ausmaße annehme.

Die Stadt verfügt über gut 600 Garagen aus DDR-Zeiten an mehreren Standorten. Große befinden sich an der Mittelbacher Straße und an der Mittelmühle. Die Stadt vermiete die Garagen recht günstig für 120 Euro im Jahr. Das sei auch ein Entgegenkommen wegen der Parkplatznot, lässt Bürgermeisterin Barbara Lüke wissen. Jetzt muss die Stadt erkennen, dass das von einigen Leuten ausgenutzt und offenbar zur Geschäftsidee entwickelt wird. In einigen Fällen hätten sich Garagenhamster bis zu zehn Stück organisiert und vermieten sie weiter. Die Stadt hat nun mit Nachforschungen begonnen. In manchen Fällen würden die Garagen mehrfach untervermietet, manchmal auch an Auswärtige, die eine kleine Einnahmequelle suchen und die Garagen gleich weiterreichen: „Ab sofort Garage zu vermieten! 18 m², zentral gelegen. Anrufe bitte ab 18 Uhr, in Pulsnitz“, ist im Netz nachzulesen. Die Rathauschefin Barbara Lüke hält einige Ausdrucke in der Hand. Das laufe über einschlägige Internetportale. In dem Fall, saß der neue Vermieter in Heidenau. Oder es wird sogar verkauft per Internetportal. Das liest sich dann so: „Verkaufe Garage ,An der Mittelmühle‘. Kein Strom.“ Das gehe ja nun gar nicht, Eigentum der Stadt anzupreisen. Angebote mit bis zu 55 Euro Monatsmiete ließen sich im Netz finden, so Barbara Lüke. Solche Preise können den Vermietern mit mehreren Garagen einige Tausend Euro im Jahr einbringen. Die Stadt ist sich sicher: „Das sind keine Einzelfälle.“ Zutage kommen die Geschäfte meist, wenn die Miete an die Stadt ausbleibt und die Zwangsräumung ansteht. Geprellte Untermieter sind dann wütend und ratlos: Denn auch Herr Müller habe versichert, jeden Monat 30 Euro an seinen Scheinvermieter gezahlt zu haben.

In ihren Verträgen schließe die Stadt eine Untervermietung generell aus. Zumindest in den neueren, wie auch bei der Müllerschen Garage. Es gebe aber auch noch andere Verträge, die kursieren würden. Die Stadt zeigt sich jetzt fest entschlossen, der Masche ein Ende zu bereiten. Natürlich sei die Frage der DDR-Garagen auch durchaus heikel, räumt die Rathauschefin ein. Zu DDR-Zeiten war der Grund Eigentum des Volkes. Mit der politischen Wende änderte sich das. Die Standorte fielen quasi in kommunale Hand und alles, was – wie die Garagen – fest mit dem Boden verbunden ist, gleich mit. Vielleicht habe die Stadt in der Vergangenheit auch aus Sorge vor einem gewissen Volkszorn das Thema gemieden. Letztlich mögen auch die Personalprobleme im Bauressort ein Hintergrund für den Garagenärger sein. „Den Missbrauch müssen wir jetzt aber stoppen“, sagt die Rathauschefin. Freilich würden viele Einzelfälle zu prüfen sein und der Aufwand groß.

Hunderte solcher Garagen gibt es auch in der Nachbarstadt Stadt Kamenz. Der überwiegende Teil von etwa 800 werde von der städtischen Wohnungsgesellschaft SWG verwaltet, so Stadtsprecher Thomas Käppler. Solche Machenschaften wie in Pulsnitz seien bisher jedoch nicht aufgefallen. Zumindest gebe es keine Kenntnis davon, dass solche Geschäfte grassieren würden. Zwei Lösungsansätze habe die SWG, um von vorherein, derartige zu unterbinden. Zum einen wäre das ein marktgerechter Pachtzins. Zum anderen sei es ein konsequentes Vorgehen gegen unerlaubte Untervermietung. Das heißt, Verträge umgehend zu kündigen. Mit dieser Taktik fährt Kamenz offenbar gut. Auch Pulsnitz kündigte ja nun an, die Daumenschrauben anzuziehen. Auch wird im Herbst ein neuer Leiter im Bauressort die Arbeit aufnehmen. Noch stehe die Stadt aber am Anfang.

Außerdem sagt die Stadt Pulsnitz angesichts des Parkplatzbedarfs zu, dass derzeit wohl keiner der Garagenstandorte infrage gestellt wird. Im Stadtentwicklungskonzept war der Standtort Mittelmühle für eine neue Nutzung ins Spiel gebracht worden. In Kamenz macht die Stadt die Zukunft auch vom Bedarf abhängig. Es sei schwierig, eine grundsätzliche Aussage zu treffen. Wenn der Bedarf vorhanden sei und Aufwand wie Nutzen in einem vertretbaren Verhältnis stünden, werde wohl nicht an den Garagenstandorten gerüttelt. Im begründeten Einzelfall könnte es aber auch andere Lösungen geben.

*Name geändert