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Das Geschäft mit dem Glück

In Freital eröffnen immer wieder neue Spielotheken. Das gefällt nicht jedem, die Stadt profitiert aber.

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© Andreas Weihs

Von Carina Brestrich

Abgedunkelte Scheiben, bunt leuchtende Knöpfe, kalter Rauch: Spielotheken sind für Siegfried Dold ein ganz normales Arbeitsumfeld. Er kennt das Geschäft mit dem Glück. Nach der Wende hat er am Pirnaischen Platz die erste Spielothek in Dresden eröffnet, weitere folgten. Heute berät Siegfried Dold die Betreibergesellschaft des neuen Casinos M3 auf der Mozartstraße in Freital. Im September hat die Spielothek eröffnet. „Freital hat örtlich einfach gut gepasst“, sagt er.

Das Casino M3 ist eine von acht Spielhallen, die bei der Stadt Freital angemeldet sind. Insgesamt 70 Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, wie es auf Amtsdeutsch heißt, warten in den Spielotheken. 28 weitere sind in Gaststätten, Bars oder Kneipen aufgestellt. Zu viele, findet Alexander Frenzel (Freie Wähler). Dem Stadtrat sind die Spielotheken ein Dorn im Auge. Gerade an der Dresdner Straße hätten in letzter Zeit immer wieder neue Spielkasinos eröffnet. Er kritisiert die Spielhallen vor allem wegen der großen Suchtgefahr, die von der Zockerei ausgeht. „Das Suchtpotenzial ist groß. Es zieht die Leute runter“, sagt er.

Dass es in den vergangenen Jahren in Freital deutlich mehr Spielotheken geworden sind, kann die Statistik nicht bestätigen. Wie die Stadt erklärt, ist die Zahl der Spielhallen weitestgehend stabil geblieben. Immer wieder gab es Eröffnungen, aber auch Schließungen. „In den vergangenen 20 Jahren hat es durchschnittlich gleichzeitig immer sechs bis acht Spielhallen gegeben“, sagt Stadtsprecher Matthias Weigel. Zugenommen dagegen hat die Zahl der registrierten Automaten mit Gewinnmöglichkeit: 2006 waren es 56 Geräte, 2011 schon 81.

Dass Freital deswegen ein Spielerparadies ist, können die Zahlen nicht belegen. Zum Vergleich: Während in Freital statistisch gesehen ein Automat auf knapp 400 Einwohner kommt, sind es in Pirna, wo ähnlich viele Menschen leben, sogar 277 Einwohner je Automat. Insgesamt 142 Automaten mit Gewinnmöglichkeit waren dort im vergangenen Jahr registriert.

Dennoch: Lukrativ sind die „Daddelkästen“ für Freital allemal. Denn auf die Geräte müssen die Betreiber Steuern zahlen. Erst voriges Jahr ist die Besteuerung in der Stadt reformiert worden. Wurde bis dahin ein jährlicher Pauschalbetrag pro Gerät fällig, ist seit 2016 das Einspielergebnis entscheidend, also die Summe, die im Gerät nach Auszahlung der Gewinne übrig bleibt. Diese wird in Freital mit zehn Prozent besteuert. Rund 226 000 Euro bescherte das der Stadt im vorigen Jahr, rund 130 000 mehr als 2015. Für dieses Jahr erwartet sie sogar noch 10 000 Euro mehr.

Noch zu wenig, findet Stadtrat Alexander Frenzel. Er hatte sich für die neue Automatensteuer starkgemacht. Dennoch sei Freital noch zu attraktiv für Spielothekenbetreiber, sagt er. Ginge es nach ihm, könnte die Steuer höher ausfallen, so wie in Dresden, wo der Steuersatz bei zwölf Prozent liegt. Besser noch wäre, die Zahl der Spielhallen zu begrenzen. Das allerdings ist nicht so einfach. Es gibt keine rechtliche Grundlage, die die Zahl der Spielhallen oder Automaten beschränkt. Außerdem trifft die Entscheidung über die Eröffnung einer Spielhalle nicht die Stadt allein. Unter anderem auch die Landesdirektion hat mitzureden. „Die gesetzlichen Grundlagen sind sehr komplex“, sagt Matthias Weigel.

Siegfried Dold ärgert sich über die Pauschalisierungen und das Schmuddelimage, das Spielotheken gern unterstellt wird. Es gebe viele Betreiber, die sich nicht an die Gesetze halten und dem Bild von der Branche schaden. „Allerdings wird die Einhaltung von den Ämtern auch zu selten kontrolliert“, sagt er. Das Casino M3 dagegen halte sich strikt an die Gesetze. „Bei uns ist es hell, freundlich und sauber“, sagt er. Außerdem werde das Personal geschult, und es wird kontrolliert, ob auch wirklich jeder Gast mindestens 18 Jahre alt ist. Und die Suchtgefahr? „Alkohol birgt ein weitaus größeres Suchtpotenzial“, sagt Siegfried Dold und kritisiert die Doppelmoral. Immerhin liefere das Glücksspiel erhebliche Steuereinnahmen. Mit einer Spielhölle verglichen werden will auch die Freital Lounge nicht. Mehmet Yücel hat die Bar Mitte Dezember in der ehemaligen Timba Loungebar gegenüber dem Rathaus aufgemacht. Dort können die Gäste zwar auch an drei Spielautomaten ihr Glück versuchen. Das Konzept der Bar ist aber ein anderes: „Hier soll eine Shisha-Bar entstehen“, sagt er. Bislang können die Wasserpfeifen aber noch nicht blubbern. Es fehlt noch die gesetzlich vorgeschriebene Lüftungsanlage. Die wird erst in den nächsten Tagen eingebaut.

Wie attraktiv Freital künftig für Spielothekenbetreiber ist, ist fraglich. Denn ab Juli dieses Jahres tritt der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Um die Spielsucht einzudämmen, werden die Regeln für den Betrieb einer Spielothek strenger, auch in Sachsen.