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„Das Gehirn wird weggefressen“

Robert Heber hat einen Film über die Droge Crystal Meth gedreht. Am Donnerstag will er in Pirna darüber diskutieren.

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© Katja Frohberg

Von Linda Barthel

Pirna. Jugendliebe, Geldsorgen, Schwangerschaft, Drogen: In seinem Langfilm-Debüt setzt der Bautzner Jung-Regisseur Robert Heber auf schweren Stoff. Das Drehbuch hat der 34-jährige Absolvent der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf zusammen mit einem anderen Autor geschrieben, produziert wurde in der Oberlausitz. Am Donnerstag zeigt der Filmpalast Pirna „Das richtige Leben“. Im SZ-Interview erklärt Heber, warum er für den Dreh in seine Heimat zurückkehrte und weshalb er es vorzieht, bei klarem Verstand zu bleiben.

Herr Heber, warum heißt Ihr Film „Das richtige Leben“?

Der Titel wirft zum einen die Frage auf, was das richtige Leben sein soll. Jeder sucht für sich nach dem richtigen Leben. Nach einer Lebensweise, Arbeit, Partnern oder Freunden, die zu ihm passen. Das ist ein Prozess, den wir alle durchlaufen. Zum anderen bezeichnet der Titel auch die realistische, ungeschönte Erzählweise des Films. Der Zuschauer sieht eben kein Hollywoodmärchen mit Happy End, sondern eine authentische Geschichte, die jederzeit nebenan passieren kann. Es gibt aber auch sehr zärtliche, poetische Szenen zwischen den Hauptfiguren, in denen sie die harte Realität um sie herum für einen Moment vergessen. So ist das Leben ja auch, nie nur schwarz oder weiß.

Wie ist das Drehbuch entstanden und worum geht es im Film?

Die Idee einer Geschichte über die erste große Liebe eines Paares aus verschiedenen sozialen Verhältnissen stand am Anfang. Die Hauptfiguren sind der 19-jährige Bäckerlehrling Tommy aus sozial schwachen Verhältnissen und die 18-jährige Abiturientin Julia aus reichem Elternhaus. Der Film beginnt damit, dass Julia schwanger wird. Dann geht es darum, wie die beiden sich für das Kind entscheiden und gegen alle Widerstände von außen ihren Weg gehen. Tommy beginnt aus finanzieller Not, mit Crystal Meth zu dealen, was natürlich einige Probleme mit sich bringt. Wir wollten eine Geschichte schreiben, die dramatisch und einfühlend ist, ohne übertrieben oder rührselig zu wirken. Ich habe viel recherchiert, unter anderem mit Mitarbeitern des Zolls in Pirna über die Crystal-Meth-Problematik gesprochen. Ich konnte auch mit Betroffenen reden und bin mit meinem Kameramann tagelang an der Grenze herumgefahren, um Eindrücke zu gewinnen.

Hat die Geschichte denn Parallelen zu Ihrem Leben?

Die Geschichte der ersten großen Liebe hat sicher auch Parallelen zu meinem eigenen Leben. Das ist ja für jeden etwas Besonderes, an das man sich immer erinnern wird. Auch die finanziellen Notlagen kenne ich. Als Künstler ist es manchmal sehr schwer, sein Geld zu verdienen.

Sie haben unter anderem in London und Braunschweig gelebt, wohnen heute in Berlin. Wie war es, für den Dreh in die Heimat zurückzukehren?

Das war sehr schön. Es gibt ja kaum Spielfilme, die sich wirklich mit Ostsachsen beschäftigen. Dass ich die Menschen und die Gegend hier gut kenne, hat mir beim Drehen viel Sicherheit gegeben. Ich wusste genau, worüber ich erzähle und ich glaube, dass man das dem Film auch anmerkt. Die Hilfsbereitschaft der Menschen vor Ort war enorm. Das hat uns als Filmteam sehr beeindruckt und ich bin dankbar dafür.

Auf was soll der Film aufmerksam machen?

Hinter dem Film steckt für mich der Ansatz, ein authentisches Porträt meiner Heimat zu schaffen. Ich wollte auf die vorhandenen Probleme hinweisen, aber auch die Schönheit der Region zeigen. Ich bin selbst an der tschechischen Grenze aufgewachsen und habe immer mehr gemerkt, wie präsent das Thema Crystal Meth ist. Mich macht das traurig, zumal ich auch jemanden persönlich kenne, der abhängig war. Zum Glück hat er es nach langem Kampf geschafft, davon wegzukommen.

Crystal spiegelt für mich die Gesellschaft wieder, in der wir leben. Es geht sehr viel um Leistung und materiellen Erfolg. Manche treibt das zum Drogenkonsum. Crystal ist am Anfang leistungssteigernd und schafft ein großes Selbstbewusstsein. Der Umbruch in das genaue Gegenteil folgt aber unweigerlich. Das Gehirn wird sofort weggefressen und kommt nicht mehr zurück. Ich fand, dass es zu wenig öffentliche Diskussionen über die Problematik gab. Jeder wusste irgendwie, dass es dieses Zeug gibt und wo man es herbekommt. Aber keiner sprach öffentlich darüber. Heute ist die Aufklärung besser und ich hoffe, dass der Film auch seinen Teil dazu beiträgt.

Haben Sie denn selbst schon einmal Drogen ausprobiert?

Ich stehe Drogen eher abgeneigt gegenüber. Alle Drogen verändern die Psyche und bieten Suchtpotenzial. Ich bin lieber bei klarem Verstand und behalte die Kontrolle über mein Leben. Einen Joint habe ich auch schon mal mit geraucht. Insbesondere Jugendliche müssen ihre Erfahrungen machen, das gehört dazu. Aber sie sollten nie Crystal Meth probieren, denn das macht sofort süchtig. Vor allem aber müssen sie ein stabiles Umfeld haben, in dem sie sich wohl und geborgen fühlen. Dann ist die Gefahr viel geringer, das aus dem Ausprobieren eine Sucht wird. Jeder sollte nach dem anderen schauen und ein bisschen besser aufeinander eingehen.

Der Film wird am 28. Januar, 19 Uhr, im Pirnaer Kino gezeigt. Anschließend findet eine Diskussion mit dem Filmteam statt, auch Suchtberater der Diakonie Pirna sind mit vor Ort. Die zweite Vorführung (ohne Diskussion) ist am 7. Februar, 17.30 Uhr. Schulen können sich zudem an den Filmpalast wenden und individuelle Termine vereinbaren.